Alfred Steinheimer

„… der Pfarrer kann predigen wann er will“

Die Geschichte der St. Jakobs/St. Ägidius-Kapelle in Buttendorf ist wesentlich älter als die erste urkundliche Nachricht aus dem Jahre 1414 über ihr Bestehen.

Über ihre Errichtung ist jedoch nichts bekannt, ebensowenig über die Existenz eines Stiftungsvermögens, das den Unterhalt des Gebäudes hätte sichern können.

Der heute nicht mehr bestehende „Pfarrhof“ in Buttendorf, der zur Kapelle gehörte, war nur die Einkommensquelle des Messpriesters, der die „Frühmeßstiftung“ innehatte, die durch die Einziehung der Pfründe im Jahre 1562 durch den Markgraf von Ansbach aufgelöst wurde. Es könnte sein, dass der genannte Hof identisch war mit dem Gut, das der Kammerschreiber Hans Hoffmann im Jahre 1497 dem Roßtaler Pfarrer und „Capellherrn der Kirche zu Buttendorf“ um 160 rheinische Gulden verkaufte.

Feststeht jedenfalls, wie aus den Akten ersichtlich1, dass der bauliche Unterhalt der Kapelle auch aus dem Kirchenvermögen von St. Laurentius in Roßtal geschah und da über die Jahrhunderte hinweg die Finanzlage durch Krieg und Notzeiten oft desolat war, waren auch die Kirchengebäude der Pfarrei, die Kapelle in Buttendorf eingeschlossen, nicht selten in einem äußerst schlechten Bauzustand.

So wurden im Jahre 1779 umfangreiche Renovierungsarbeiten an diesem Kirchlein ausgeführt, wobei die Frage der Finanzierung dem Roßtaler Pfarrer Karl Friedrich Theodor Zinn (1762–1783) große Sorgen bereitete.

Wie aus den Akten ersichtlich, beabsichtigte er eine Sammlung bei den Bauern in Buttendorf zu veranstalten, verwarf aber die Idee wieder „… weil die Bauern in Buttendorf nicht so reich seien, wie die in Weitersdorf und eine Haussammlung daher bei den theueren Zeiten wenig einbringen wird.“

So kam zur Finanzierung des Vorhabens Hilfe von außen. Das „Hochfürstliche Cammercollegio“ in Ansbach gab einen Zuschuß von 99 Gulden und der „gnädigste Fürst“, der letzte Ansbacher Markgraf Christian Friedrich Alexander, beteiligte sich an den Kosten mit einem Beitrag von 571 Gulden.

Mit diesem finanziellen Hintergrund konnten die Bauarbeiten im Juli 1779 glücklich abgeschlossen werden und die Einweihung der von Grund auf renovierten Kapelle war am 1. August 1779 vorgesehen.

Man sollte meinen, dass das bevorstehende Ereignis bei allen Beteiligten große Freude ausgelöst habe. Leider war das nicht ganz der Fall, da sich eine Woche vorher über die Frage, wer wohl den kirchlichen Akt der Weihe vornehmen solle, der Pfarrer und der Kaplan nicht einigen konnten.

Es kam zu Meinungsverschiedenheiten, in die der „Geheime Cammer-Rath“ Johann Georg Roeger in Cadolzburg, sowie der Dekan mit einbezogen wurden.

Der Pfarrer war der Auffassung, dass die „Einweihungspredigt“ ihm gebühre, „weil das Kirchlein zu Buttendorf ein Filial nicht von der Caplaney sondern von der Pfarrey und dem Pastori allezeit dergleichen actus zustehe.“

Der Diakon oder Kaplan, wie der Geistliche auf der zweiten Pfarrstelle genannt wurde und dessen Stellung zu dieser Zeit kirchenrechtlich der einer Hilfskraft des Pfarrers entsprach, war Johann Christoph Flechtner (1771–1790). Er hatte eine andere Vorstellung darüber, wer wohl die feierliche Predigt halten sollte.

Flechtner argumentierte: „…er habe allezeit an der Kirchweih da gepredigt und wäre diese Predigt ohne Ausnahm von der Caplaney zu versehen“. Er steigerte sich noch in seinen Äußerungen, indem er meinte: „… wenn der Pfarrer mit hinaus wollte, so könne er als ein Gast dabey sein, übrigends wäre seine Gegenwart garnicht nötig, da er das Kirchlein ebenso gut einweihen könne als der Pfarrer“.

Der „Geheime Cammer-Rath“ Roeger in Cadolzburg überließ die Entscheidung in diesem Streitfall klugerweise dem Dekan, der sich auf das Kirchenrecht berief. Er schrieb: „… dass Buttendorf eine Filiale der Mutterkirche Roßstall sei und folglich der Pfarrer der Mutterkirche zugleich auch der Pfarrer der Filiale ist und der Pfarrer kann predigen wann er will“.

Der Kaplan merkte wohl, dass er zuweit gegangen war und in einem Brief an den Dekan, drei Tage vor der Einweihung, nahm er „um der theologischen Sanftmuth willen“ und „Erhaltung der bißherigen collegiatischen Freundschaft“ die Entscheidung hin.

Bemerkenswert ist die Anschrift eines Briefes an den Pfarrer Zinn2, mit welchem der „Cammer-Rath“ als Vertreter des Markgrafen seine Teilnahme am Weiheakt ankündigte.

Er fasste die Anschrift in französischer Sprache, gebrauchte dabei aber nicht die schlichte Anrede „Pasteur“ als Titel des Pfarrers, sonder schrieb: „Monsieur Zinn, sehr treuer Diener des Wortes Gottes und seiner Hoheit des regierenden Markgrafen von Brandenburg“. War die „hochgestochene“ Anrede als Trostpflaster für die verletzte Autorität des Pfarrers gedacht?

Da durch die Einschaltung des Oberamtes Cadolzburg sowie des Dekans der Vorfall weiter bekannt wurde, als es dem Kaplan lieb sein konnte, hätte man vom Consistorium in Ansbach auch Maßnahmen gegen den Kaplan erwarten können, was aber unterblieb.

Die Akten schweigen und wir können annehmen, dass die weitere Zusammenarbeit der beiden Roßtaler Geistlichen im Sinne „theologischer Sanftmuth“ geschah; jedenfalls versahen beide ihren Dienst hier bis zu ihrem Tode.

Pfarrer Zinn starb im Februar 1783, im Alter von 52 Jahren und Kaplan Flechtner, der auch unter dem Nachfolger des Pfarrers Zinn die zweite Pfarrstelle innehatte, im November 1790, nach Erreichnung des 54. Lebensjahres.

Von der beschriebenen großen Renovation des Buttendorfer Kirchleins im Jahre 1779 kündet heute noch eine Gedenktafel im Kirchenraum.

Quellen:

1 Archiv St. Laurentius, Roßtal, Akte Nr. 86/96
2 Archiv wie vor, Akte Nr. 12


Quelle:
Alfred Steinheimer, St.-Laurentius-Kirche zu Roßtal – Geschichte und Geschichten um die Pfarrei, Roßtal 2001, S. 68 ff.