HELMUT MAHR

650 Jahre Marktrecht Roßtal

Am 22. April 1978 jährte sich zum 650. Male der Tag, an dem Kaiser Ludwig der Bayer Roßtal zur Stadt erhob und damit dem Ort auch das Marktrecht verlieh. Wenn wir in diesen Tagen dieses Ereignisses gedenken, so werden sich viele Bürger fragen, ob denn diese Verleihung so wichtig war, daß man ihrer nach so langer Zeit noch gedenken sollte. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir untersuchen, welche Bedeutung so eine Markterhebung für die Bürger dieses Ortes vor 650 Jahren hatte und wie sich diese Markterhebung bis zum heutigen Tag für die Gemeinde ausgewirkt hat. Wenn es sich nur um eine schmückende Bezeichnung vor dem Ortsnamen gehandelt hätte, um einen Titel allein, so brauchten wir in der Tat kein Jubiläum zu begehen. In Wirklichkeit war diese Erhebung mehr als nur die Verleihung des Namens Markt oder Stadt.

Sie bedeutete nicht mehr und nicht weniger, als daß Roßtal aus der Vielzahl von Dörfern herausgenommen und in seinem Rechtszustand höhergestuft wurde. Roßtal war mit diesem Tag nicht mehr Dorf mit einer an den Boden gebundenen unfreien Bevölkerung, über die der Grundherr in allen Angelegenheiten gebot. Roßtal war nicht mehr Dorf, das dem Feind ohne Schutz preisgegeben war in einer von Unsicherheit erfüllten Zeit. Roßtal war nun kein Ort mehr für sich allein und mit einer Bevölkerung, die unter sich blieb. Es wurde Marktort mit Selbstverwaltung, in dem Bürger als freie Menschen ihre Angelegenheiten selbst ordneten und bestimmten, die ihren Ort schützen und befestigen konnten und Waffen tragen durften.

Wir kennen die Gefühle der Bürger nicht, als die Nachricht von der Erhebung hier ankam. Wir dürfen aber sicher sein, daß sie von allen Bürgern als Aufwertung empfunden wurde.

Fragen wir aber nach der Bedeutung, die dieser Rechtsakt des Kaisers noch für uns heute hat, so können wir mit Sicherheit sagen:

Mit ihren treuen Diensten für Kaiser und Reich haben die Einwohner dieses Ortes von 650 Jahren die Voraussetzungen geschaffen, auf denen die Bürger unserer Generation weiterbauen können.

Viele Generationen liegen zwischen diesem Tag vor 650 Jahren und heute und jede steht auf den Schultern der Vorfahren, als Zwischenglied einer Kette, die in die Zukunft reicht. Sie alle waren treue Verwalter des anvertrauten Gutes.

Den Grund aber haben jene Menschen gelegt, deren Dienste vor 650 Jahren den Kaiser bewogen haben, ihnen das Marktrecht zu verleihen. Allen diesen Menschen sind wir Dank schuldig.

Indem wir ihrer gedenken und dieses Freudentages für sie, ehren wir auch ihr Werk, das uns selbst wiederum anvertraut ist für die, die nach uns kommen.

So ist dieses Jubiläum ein Zeichen des Dankes für die Menschen jener Zeit, ein Zeichen der Verpflichtung für die Gegenwart und ein Zeichen der Hoffnung für die Zukunft dieser Gemeinschaft.

Verleihungsurkunde über Stadt- und Marktrechtsverleihung
durch Kaiser Ludwig den Bayern im Jahre 1328

siehe auch: Monumenta Zollerana DCLII

Übersetzung der Verleihungsurkunde:

Ludwig, von Gottes Gnaden römischer Kaiser, immer Mehrer des Reiches, der Gesamtheit und den Einzelnen, an die die gegenwärtige Urkunde gelangt, seine Gnade und alles Gute. Die hervorragende Stellung und die Hoheit des Kaisers erfordern es, daß Wir die Gesamtheit und die Einzelnen, die Uns mit Hingebung, Ausdauer und Treu dienen, durch Erkenntlichkeit für ihre Leistungen herausheben müssen, so daß durch die Hoffnung auf Belohnung die übrigen in ihrem Diensteifer mit größerem Selbstvertrauen und größerer Begeisterung erfüllt werden, Uns und dem Reiche zu dienen.
Daher ist es Unser Wille, daß nicht nur die jetzt Lebenden, sondern auch die Zukünftigen wissen, daß Wir durch Unser kaiserliches Wohlwollen aufgrund der Ergebenheit, der Standhaftigkeit und Treue Unseres geliebten treuen Geheimberaters, des Burggrafen Friedrich von Nürnberg, diesem mit dieser Urkunde seine Bitte gnädig erfüllen, indem Wir ihm mit dieser Urkunde die Hoheit, die Kraft und die Vollmacht geben und zugestehen und ihm damit einräumen, in Rostal eine befestigte Stadt zu errichten und sie mit Mauern, Gräben und sonstigen beliebigen Bollwerken, mit denen man allgemein die Städte zu befestigen pflegt, fest zu umgeben, ohne Hindernis und Widerspruch Dritter.
An dem gleichen Ort verleihen Wir ihm die Gerichtsbarkeit mit allen einzeln sich daraus ergebenden Rechten, nämlich ständig einen Richter zu haben, der dort in jeder Beziehung ermächtigt ist, als Stellvertreter des oben erwähnten Burggrafen Friedrich und in seinem Namen, gestützt auf Unsere kaiserliche Hoheit, für den Bereich der weltlichen Gerichtsbarkeit Recht zu sprechen in einzelnen und in allgemeinen Fällen, die Leib und Leben, Körperverletzung, Eigentumsdelikte und alle damit in Zusammenhang stehenden Folgen betreffen.
Wir erteilen ihm auch die Befugnis, in dem gleichen Ort einen Wochenmarkt öffentlich auszuschreiben und abzuhalten, und zwar an dem Tag, den er für die Abhaltung und den Besuch dieses Marktes festsetzt, wobei es Unser Wunsch ist, daß die besagte Stadt Rosstal alle Rechte, Freiheiten und Gnaden genieße und sich ihrer ungehindert erfreue, die die Stadt Nürnberg bis dahin genießt und auch in Zukunft genießen möge. Zum Zeugnis dieser Tatsache haben Wir befohlen, die gegenwärtige Urkunde abzufassen und diese Verfügung mit dem Siegel Unserer Majestät zu bestätigen. Gegeben zu Rom bei Sankt Peter, am 22. April 1328, im 14. Jahr Unserer Königsherrschaft, im ersten aber Unseres Kaisertums.

Quelle: 650 Jahre Marktrecht Roßtal, Festschrift aus Anlaß der Marktrechtsverleihung 1328
und der Neugliederung des Marktes Roßtal 1978