Georg Reichert
Der Summer macht si asn Stab,
scho kummt der Herbst und färbt äs Lab,
hat Reif därbei und Regn.
Sei Luft, sie kann recht frisch scho sä
und manchmoal läßt sei Nebl a
viel hährn, doch arg weng sehgn.
No widder hat er Teg därbei,
su warm und vuller Sunnaschei,
daß dich freist richti dru.
Doch sagt in Tog er boall gut Nacht
und jedn Oabnd es friher macht,
daß er ihn schickt zur Ruh.
In Sturmwind spannt er gärn a ei
und jogd ihn in die Wälder nei,
daß drin die Bam sich biegn
und, ohna daßt ploagst dein Verstand,
denkst sicherli dir oallerhand,
wenn su die Blätter fliegn.
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Unter den zahlreichen Epitaphien an der Südseite der Laurentiuskirche in Roßtal findet sich unmittelbar rechts des dem Turm nächstgelegenen Portals, von den Zweigen einer Zeder verdeckt, die Grabplatte des Pfarrers Ernst Georg Schülin und seiner Ehefrau Susanne Euphrosina.
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Magister Ernst Georg Schülin, als Sohn eines Pfarrers am 15. Februar 1658 in Ansbach geboren, studierte in Straßburg Theologie und erwarb dort 1686 die Würde eines Magisters. Als Diakon in Dinkelsbühl tätig, verläßt er nach einem Streit um das Besetzungsrecht diese Stadt und wird 1691 Pfarrer in Prichsenstadt, in der Nähe von Gerolzhofen in Unterfranken. Er heiratet dort am 29. September 1691 die Tochter eines Pfarrers, deren Vornamen schon bekannt sind, eine geborene Baumgärtner. Von 1698 bis zu seinem Tode am 12. Mai 1731 wirkt er als Pfarrer in Roßtal.
Geschichtlich bekannt wurden zwei seiner Söhne, der erstgeborene Johann Heinrich und der nächstfolgende Johann Siegmund. Johann Heinrich Schülin wurde am 5. September 1692 in Prichsenstadt geboren. Nach dem Besuch der Klosterschule in Heilsbronn studiert er in Altdorf bei Nürnberg (1712), in Jena (1715), in Halle (1717) und erreicht im gleichen Jahr in Wittenberg den akademischen Grad eines Magisters. Im Jahre 1720 wird er auf dem Waldschloß Bruckberg bei Ansbach Erzieher des damals achtjährigen Markgrafensohnes Carl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach, des nachmaligen „wilden Markgrafen“, der das „... ungebundene Wald- und Jagdleben über alles stellte, ein leidenschaftlicher Jäger und einer der größten Falkner seiner Zeit und bedeutender Kunstmäzen“.
Fünf Jahre versieht er diese Erziehertätigkeit, gemeinsam mit dem schlesischen Poeten Benjamin Neukirch, bis er als Kaplan seinem erkrankten Vater zur Seite stehen muß und nach dem Tode desselben 1731 die Pfarrstelle in Roßtal übernimmt. Die Einsetzung hier geschieht mit der Zusicherung, später das Dekanat in Gunzenhausen oder Schwabach zu übernehmen. 1734 wird er Dekan in Gunzenhausen.
Vierzig Jahre verbleibt er dort, wird Kirchen- und Konsistorialrat des Fürstentums Ansbach. Seine Aufmerksamkeit gilt der Verbesserung des Volksschul- und Lateinschulwesens, wobei besonders letztgenannte Schule, dank seines Wirkens, noch nach seinem Ableben einen guten Ruf genießt.
Johann Heinrich Schülin war auch schriftstellerisch tätig. Aus seiner Feder stammt eine Biographie des Markgrafen Georg des Frommen und eine schon 1731 in Nürnberg erschienene „Fränkische Reformationsgeschichte“. Im August 1757 steht er dem Markgrafen Carl Wilhelm Friedrich, seinem ehemaligen Schüler, in Bruckberg in seiner Sterbestunde bei. In einem Bericht, „Pro-memoria“ betitelt, hat er die letzten Stunden des „wilden Markgrafen“ geschildert.
1775 stirbt Johann Heinrich Schülin hochbetagt, geehrt und geachtet in Gunzenhausen. Noch bedeutungsvoller und glänzender, ja europäische Geschichte beeinflussend, war der Lebensweg seines Bruders, Johann Siegmund Schülin, der am 16. August 1694 ebenfalls in Prichsenstadt geboren wurde und der somit im Alter von vier Jahren, mit dem Antritt des Vaters als Pfarrer, Einzug in das altehrwürdige Pfarrhaus in Roßtal hält.
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Johann Siegmund Schülin |
Johann Siegmund besuchte das Gymnasium in Heilsbronn, studierte wie sein Bruder in Jena, danach in Helmstedt und Leyden und wurde, was angesichts der Erzieherstelle des Bruders am Brandenburg-Ansbachischen Hof auf eine Vermittlung schließen läßt, ebenfalls Erzieher, und zwar zweier Prinzen einer in Ostfriesland residierenden Nebenlinie des Hauses Brandenburg. Der als „Hofmeister“ benannte Johann Siegmund betreute die beiden Markgrafensöhne Friedrich Ernst und Friedrich Christian von Bayreuth-Kulmbach. Im Jahre 1730 erwählte der dänische König Christian VI. die Schwester der beiden Prinzen, Sophie Magdalena, zu seiner Gemahlin. Damit änderte sich auch der Lebensweg des Johann Siegmund. Christian VI., dem der Beiname „der Fromme“ gegeben wurde, stand einer Richtung des Protestantismus nahe, die von England und den Niederlanden ausging und die in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, besonders durch Philipp Spener 1670 von Frankfurt aus, auch in Deutschland Impulse erhielt. Die aus dem mittelalterlichen Mystizismus Anregungen schöpfende Bewegung, deren Merkmale die durch Bekehrung, Askese, Frömmigkeit und Bußkampf erlangte Wiedergeburt und Erweckung waren, fand in Deutschland rasch Anhänger. Dazu trug auch eine Schrift Speners bei: „Pia desideria oder herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren Evangelischen Kirchen.“ Der Prinzenerzieher Schülin gehörte dieser, mit Pietismus bezeichneten Richtung des Protestantismus an.
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1. Pfarrhaus, |
Im Jahre 1730 kam er mit dem ältesten Markgrafensohn nach Dänemark an den Hof Christian VI. Der König erkannte die Fähigkeiten des Roßtaler Pfarrerssohnes, und die folgenden Jahre sind durch einen Johann Siegmund Schülin schnellen Aufstieg des Johann Siegmund in leitende Stellungen des dänischen Staatswesens gekennzeichnet. 1731 erfolgte seine Aufnahme in den Adelsstand, 1733 wird er zum Sekretär der Kanzlei für deutsche Angelegenheiten ernannt und 1735 überträgt ihm der König die Leitung der dänischen Außenpolitik. Die Häufung von Ämtern und Würden ist noch nicht beendet. 1736 wird er zum Direktor der Bank von Kopenhagen erhoben und 1738 Mitglied des Staatsrates als „Wirklicher Geheimrat“. Der König schenkt ihm das Gut Frederiksdal am Furesee in der Provinz Nordseeland, das Schülin von dem Architekten Nie. Eigt-ved neu erbauen und prächtig ausstatten läßt. Aus Frankreich, Deutschland und England kamen Spiegelglas, Tapeten und Metallarbeiten und die berühmte Manufaktur in Beauvais fertigte nach Themen des Fabeldichters La Fontaine Gobelins für diesen Herrensitz. 1750, kurz vor seinem Tode, wird er mit der Würde eines Landgrafen geehrt.
Zum Zeitpunkt des Eintritts Johann Siegmund Schülins in dänische Dienste umfaßt das dänische Königreich auch Norwegen und die beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein, wobei das Herrscherhaus Gottorp, das den schwedischen Thron innehatte, noch Besitztümer in den beiden Herzogtümern Schleswig und Holstein besaß.
Der den Nordischen Krieg von 1700 - 1718 beendende Friede von Stockholm und Nystadt 1719 - 1721, der dem Hause Gottorp den schwedischen Thron und Schweden die Vormachtstellung im Norden Europas kostete, stärkte Dänemark durch einen Gebietszuwachs aus dem Hausse Gottorp in Schleswig. Rußland, das von Schweden die baltischen Provinzen Estland und Livland abtrennte und unter anderem noch Südkarelien erhielt, stieß damit unter dem Zaren Peter I. zur Ostsee vor und wurde europäische Großmacht.
Schweden war im Innern zerrüttet und die königliche Macht unbedeutend. Auch Dänemark, das im Nordischen Krieg gegen den schwedischen König Karl XII. kämpfte, litt noch unter den Auswirkungen dieser langen und wechselvollen Auseinandersetzung.
Die Sorge um den Frieden und um den Ausgleich der Kräfte kennzeichnet die von Schülin geleitete Außenpolitik Dänemarks. Er, der als geschickter und taktvoller Politiker und Diplomat geschildert wird, schließt 1742 ein Bündnis mit Frankreich und es gelingt ihm, diese Verträge 1746 und 1749 zu verlängern. Seinen Bemühungen, den dänischen Kronprinz Frederik auf den schwedischen Thron zu bringen, bleibt der Erfolg versagt. Mit Rußland trifft er dann ein Übereinkommen hinsichtlich der Rückkehr des Hauses Holstein-Gottorp auf den schwedischen Thron, was 1751, also ein Jahr nach seinem Tode, verwirklicht wird. Mit dem Hause Gottorp schließt er einen Vertrag für den Fall, daß der für die Nachfolge der Zarin Elisabeth vorgesehene Neffe, aus dem Hause Holstein-Gottorp stammend, der spätere Zar Peter III., ohne Nachkommenschaft sterben sollte. (Zar Peter III. war der Ehemann der nach seiner Ermordung herrschenden Katherina II. der Großen.)
In der Geschichtsschreibung gilt die Regierungszeit König Christian VI. - Johann Siegmund Schülin überlebt ihn fast um vier Jahre - als eine friedliche Periode, aber auch „...als Teil eines modernen Konflikts zwischen Tradition und Experiment“. Der König förderte den Wohlstand durch Schaffung einer Textilindustrie, wozu Weber und Spinner ins Land geholt werden mußten; nationale Kompanien für den Handel mit Asien und Amerika wurden gegründet, was die Eröffnung einer Staatsbank, der Schülin als Direktor vorstand, notwendig machte; Grönland kam unter die Herrschaft der dänischen Krone (1744), die Zahl der Schulen im Lande wurde vermehrt und es wurden Akademien für die Künste und die Wissenschaften gegründet. Die strenge pietistische Haltung führte aber auch dazu, daß der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes zwingend vorgeschrieben war, daß Theater und Tanzsäle geschlossen wurden, Schauspieler verbannt und Maskeraden verboten waren.
Johann Siegmund Schülin, der in erster Ehe mit einer Frau N. N. von der Veni und in zweiter Ehe mit Catherina Marie von Mösting verheiratet war, starb am 13. April 1750 in Kopenhagen. In einer Biographie dänischer Persönlichkeiten ist über den Roßtaler Pfarrerssohn zu lesen: „... Er war ohne Zweifel einer der besten und tüchtigsten Deutschen in dänischen Staatsdiensten im 18. Jahrhundert.“
Für die Überlassung von Ablichtungen aus dem „Dansk Biografisk Haandleksikon“ v. Dahl und Engelstoft, Kopenhagen 1926, bin ich der Königlich Dänischen Botschaft, Bonn, zu Dank verpflichtet.
Manche meinen, es sei der Familienname: Obwohl die Bewohner des Hauses Ortsstraße 4 in Defersdorf schon seit vier Generationen Zimmermann heißen, sind sie noch immer „die Ziegler“. Es ist ein Hinweis, daß hier Jahrhunderte lang das uralte Gewerbe des Ziegelbrennens ausgeübt wurde. Die Geschichte vom Turmbau zu Babel läßt noch die Faszination über die Entdeckung des Brennens erkennen. Nun schien es unbegrenzte Möglichkeiten des Bauens zu geben. Und von der Mühsal und Plage dieses Berufes erfuhr das Volk Israel während seiner Fron in Ägypten.
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Kirchenrechnungen über Ziegellieferungen |
Immer wieder finden wir in den Kirchenrechnungen von Roßtal die Ziegler von Defersdorf als Lieferanten des Kirchenheiligen – so nannte man früher die Kirchenstiftung – bei mancherlei Bauaufgaben. Die Kirchenbücher erlauben es, diesem heute in Defersdorf nicht mehr vorhandenen, wohl als Familienbetrieb in kleinem Umfang geführten Gewerbe nachzuspüren.
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Das Zieglergut in Defersdorf |
In der Zeit nach der Jahrhundertwende, vor dem ersten Weltkrieg, wurde die Ziegelei aufgegeben. Sie wurde wohl auch ein Opfer des Industriezeitalters. Die Ziegelhütte, von der heute nichts mehr zu sehen ist, befand sich auf der dem Wohnhaus gegenüberliegenden Straßenseite.