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Bauteil der St.-Laurentius-Kirche

Unser Titelbild zeigt einen inzwischen wieder zugedeckten interessanten Bauteil der St.-Laurentius-Kirche. Unter dem Dach des Sakristeianbaues kam die Nordost-Ecke der romanischen Kirche, die vor dem Anbau des gotischen Chores und der Sakristei im 15. Jahrhundert hier ihren Anschluß hatte, zum Vorschein.

Alfred Steinheimer

Evangelische Pfarrer in Roßtal als Schriftsteller und Chronisten von 1630 bis 1920

Mündliche und schriftliche Überlieferungen sind es, die den Nachgeborenen Kunde geben von Personen und Begebenheiten aus vergangener Zeit. Einen besonderen Stellenwert besitzen dabei die von den Pfarrern seit alter Zeit zu führenden Kirchenbücher, also die Tauf, Trau- und Sterbebücher, dazu die Aufzeichnungen über Ausgaben und Einnahmen. Der Wert dieser Eintragungen ist deshalb besonders hoch anzusetzen, weil sie in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wurden und bei kirchlicher oder weltlicher Visitation einer Überprüfung standhalten mußten. Da es überdies kirchlicher Brauch war, von den Pfarreien in gewissen Abständen Zustandsbeschreibungen abzufordern, sind diese Unterlagen, soweit sie die Zeitläufe überdauert haben, besonders wertvolle Hinweise auf die Orts- und Zeitgeschichte.

Mit Hilfe einer geschichtlich weit angelegten Pfarrbeschreibung der evangelischen Pfarrei St. Laurentius in Roßtal, wurde der Versuch unternommen, die Pfarrer und – wenn möglich – ihre Lebensläufe zu erfassen, die der Nachwelt durch ihre Aufzeichnungen und Veröffentlichungen ein Bild ihrer Zeit gaben oder noch ermöglichen.

Die nachstehende Aufzählung von Personen und ihrer teils nur noch aktenkundig bekannten, teils noch existierenden literarischen Hinterlassenschaft kann verständlicherweise nicht lückenlos sein.

Fast dreihundert Jahre Pfarrbesetzung waren daraufhin zu untersuchen, ob der jeweilige Pfarrer das Bedürfnis hatte, über das Maß der von ihm geforderten schriftlichen Eintragungen in die Register hinaus, noch Schilderungen seiner Zeit zu notieren. So ist auch der Bericht des Erstgenannten sicher nicht in den Bereich schriftstellerischer Betätigung einzuordnen, sondern schlichtweg der Vermerk eines für die Geschichte der Pfarrkirche folgenschweren Ereignisses.

Magister Johann Balthasar Bernhold, geboren in Ansbach 1592 und dort auch 1669 gestorben. Er studierte in Wittenberg, wo er auch die Würde eines Magisters erreichte. Durch eine persönliche Verfügung des Markgrafen Joachim Ernst erhielt er, gegen die Vorstellungen älterer Bewerber, 1621 die Pfarrei Roßtal. Bernhold muß ein gestrenger Pfarrherr gewesen sein, jedenfalls ist aktenkundig, daß nicht nur von der Gemeinde, sondern auch vom Amtsvogt und vom Dekanat Klage geführt wurde. Es waren aber auch außergewöhnliche Zeiten, die er und seine ihm anvertraute Pfarrei während seiner Amtszeit hier erleben mußten.

Der 30-jährige Krieg mit all seinen Schrecken suchte auch Roßtal heim und wiederholt floh die ganze Gemeinde meist in das befestigte Nürnberg, wo sich auch der Pfarrer längere Zeit aufhielt. Im Sterberegister der Pfarrei sind 1632 nicht weniger als 667 Gemeindemitglieder als verstorben eingetragen, alle durch Gewalt oder Not umgekommen.

Sechs Jahre nach seinem Amtsantritt, am 8. August 1627, am Tage des Kirchenpatrons, des heiligen Laurentius, geschah es: Bernhold gibt darüber einen Bericht, daß ein Blitzstrahl die Kirche samt Glocken, Altären und viele „wertvolle Altertümer und Denkmäler“ zerstörte.

Bis zum Ende des Jahres 1639 blieb Magister Bernhold in der vom Kriege heimgesuchten und entvölkerten Pfarrei Roßtal, mit Beginn des Jahres 1640 wirkte er als Pfarrer in Leutershausen.

Die Anmerkung eines späteren Chronisten zum Kirchenbrand von 1627 verdient erwähnt zu werden: „Das Kirchweihfest zum Tage des Patroziniums St. Laurentius am 10. August wurde nach der Reformation eingestellt. Als aber Anno 1627 eben am Laurentiustag das Donnerwetter in den Turm geschlagen und denselben samt den vier Glocken ebenso die Kirche mit sehr vielen alten und merkwürdigen Monumenten abgebrannt, zusammengefallen und zugrundegegangen ist, ist das Volk auf die Meinung gekommen, als wäre das Unglück daher gekommen, daß man den Laurenzitag zu feiern unterlassen hätte und so ist dieser Festtag wieder in den Brauch gekommen.“

Der Patroziniumstag muß jedoch erst weltlichen Charakter getragen haben, denn erst am 4. August 1731 erwirkte das hiesige Richteramt, das Johann Gottfried Rötter (1711–1737) wahrnahm, den hochfürstlichen Befehl, daß die Feier dieses Tages mit einer Predigt und öffentlichem Gottesdienst „fortgehalten“ werden.

Eine Erinnerung an die Amtszeit des Pfarrers Bernhold ist bei den jüngsten Renovierungsarbeiten wieder sichtbar geworden: Im Jahre 1623 ließ er durch den Maler Zimmermann aus Nürnberg an der Decke des Chores die heilige Dreifaltigkeit und die vier Evangelisten malen, die im Zuge obengenannter Arbeiten zum Teil erhalten, freigelegt und restauriert werden konnten.

Ein Epitaph an der Südseite der Kirche erinnert an Magister Ernst Georg Schülin, der von 1697–1731 die erste Pfarrstelle innehatte. In Feuchtwangen 1658 geboren, studierte er in Straßburg, war dann Pfarrer in Dinkelsbühl und Prichsenstadt. Im Jahre 1725 erschien von ihm in Druck: „Leben und Geschichte des Markgrafen Georg des Frommen“ und als weiteres Werk 1731: „Geschichte des evangelischen Franken“.

Sechs seiner Kinder starben hier in Roßtal. Von zweien seiner Söhne hat die Nachwelt erfahren. Der erste Sohn, Magister Johann Heinrich Schülin, geboren 1692 in Prichsenstadt, studierte Theologie in Jena, Halle und Wittenberg und wurde 1720 in Bruckberg einer der Erzieher des Prinzen Carl Wilhelm Friedrichs, des nachmaligen Markgrafen. 1723 erhielt er die zweite Pfarrstelle in Roßtal, in den Akten als Diakonus geführt. Zusammen mit seinem Vater Ernst Georg Schülin versah er acht Jahre die zweite Pfarrstelle und wurde nach dessen Tod 1731 sein Nachfolger. Aus den Akten ist ersichtlich, daß er u. a. eine Fränkische Reformationsgeschichte veröffentlichte. Er wurde 1734 Dekan in Gunzenhausen, dort starb er auch hochbetagt im Jahre 1775.

Der zweite geschichtlich bekannte Sohn, ist der 1694 ebenfalls in Prichsenstadt geborene Johann Siegmund Schülin. Er studierte Theologie, wurde Prinzenerzieher der Markgrafensöhne des Hauses Bayreuth-Kulmbach, kam an den dänischen Königshof Christian VI. und war 1735 dänischer Außenminister (Näheres siehe Heft 11/1980 der „Roßtaler Heimatblätter“).

Auf Pfarrer Ernst Georg Schülin geht der Brauch zurück, an den Vorabenden der Sonn- und Feiertage um 21.00 Uhr noch einmal die Betglocke zu läuten, daß „... die Leute erinnert und die in der Zech Sitzenden veranlaßt werden, sich nach Hause und in die Stille zu begeben“. Der Chronist von 1914 vermerkte etwas resignierend: „Der beabsichtigte Erfolg ist aber im Allgemeinen damals wie heute ausgeblieben“.

Pfarrer Abraham Heinrich Lips, geboren 1695 in Marktsteft, war Seelsorger in Roßtal von 1735 bis zu seinem Tode im Jahre 1747. Ihm, der im Jahre 1741 ausführliche Aufzeichnungen und Beschreibungen des kirchlichen Lebens fertigte, hat es die Nachwelt zu verdanken, daß heute ein Einblick in alle kirchlichen Handlungen dieser Zeit, ob Gottesdienst, Beerdigungen, Hochzeiten oder Taufen, möglich ist.

Sein Nachfolger ist Friedrich Wilhelm Wolshofer, dessen Name in den Urkunden auch Wolßhofer, Wolfshofer und Wolfhofer geschrieben wird.

Pfarrer Wolshofer, geboren in Ansbach 1707, studierte an der Universität in Altdorf, geehrt dort als poeta laureatus, gekrönter Dichter, eine Ehrung, die früher nur der Kaiser verlieh, war tätig als Vikar in Heidenheim, war Diakon in Degersheim und Pfarrer in Hechlingen. 1748 erhielt er die Pfarrstelle in Roßtal Von 1749 bis 1750 begleitete er den Erbprinzen Christian Carl Alexander, der als Markgraf später abdankte, auf einer Reise nach den Niederlanden. Er verfaßte eine poetische Reisebeschreibung, erhielt nach der Rückkehr nach Roßtal den Titel Prodekan des Kapitels Langenzenn und eine Zulage von 100 Reichstalern.

Es soll u. a. auch dem Einfluß des Pfarrers Wolshofer zuzuschreiben sein, daß der Erbprinz auf jener gemeinsamen Reise Überlegungen über die Religionsfreiheit anstellte, die später dazu führte, daß in der Residenzstadt Ansbach und in der Universitätsstadt Erlangen den dort niedergelassenen Katholiken die Ausübung des Gottesdienstes und die Errichtung von „Bethäusern“ gestattet wurde.

Wolshofer hat desweiteren eine Schrift veröffentlicht mit dem Titel: „Kurze Nachricht vom Orth Roßstall und der dasigen Kirche“.

Anläßlich der Einweihung des heute nicht mehr bestehenden Jagdschlosses in Deberndorf, am 20. August 1761, verfaßte er ein Gedicht zu Ehren seines Landesherren, das im Druck erschien, aus dem eine Strophe wiedergegeben wird:

„Ich schwör mein Fürst bey Deinem Thron:
Daß niemand reitzend schöner wohne,
Als Du in Deinem Eigenthum.
Die ändern Schlößer in dem Lande,
Die man zur Jagd, und Lust ernannte
Behalten zwar auch ihren Ruhm.
Jedoch das Fürstliche Gebäude,
Der Götter Lust, der Augen Weyde,
Reicht heute seine Palme Dir;
Dein Deberndorf, die schönste Gegend,
Von Überfluß, von Reitzung regend,
Ragt, stolz, vor allen ändern für.“

Pfarrer Wolshofer verließ 1762 Roßtal und übernahm eine Pfarrei in Crailsheim, wurde Dekan und Kirchrat und starb 1778 dort.

Johann Gottlieb Jordan, geboren in Bayreuth 1815, studierte in Erlangen bis 1839. Jordan muß in Roßtal nur kurz als Verweser gewirkt haben, weil in den Unterlagen über die in Roßtal tätig gewesenen Pfarrer der beiden Seelsorgestellen sein Name nicht aufgeführt ist. Er heiratete hier in Roßtal 1851 eine Gastwirtstochter Elisabeth Eckstein.

Im Vorwort seines Werkchens schrieb er, daß er der „lieben Pfarrgemeinde Roßstall“ statt einer Abschiedspredigt, die er „nach Gottes Willen“ nicht halten durfte, die „Erinnerungen an Roßstalls Geschichten und Sagen“ vorlegt. Das Bändchen erscheint 1847 in Ansbach. Im Vorwort entschuldigt sich der Autor für das verspätete Erscheinen der vorgelegten Abhandlung mit dem Hinweis, daß dem Verfasser in seinem Zustand „ein rüstiges Arbeiten noch nicht gegönnt ist.“

Gottlieb Jordan, der in den Aufzeichnungen seines Bruders, des Rechnungsrats Christoph Jordan, als eine „... dichterische, gemütvolle begeisterungsfähige Natur“ geschildert wird, stirbt als Pfarrer 1855 kaum 40 Jahre alt in Schornweisach bei Neustadt/Aisch. Aus dem Tagebuch des Bruders ist zu ersehen, daß Gottlieb an einer langjährigen Lungenerkrankung litt, ausgelöst durch eine Verletzung bei einem Zweikampf in einer studentischen Verbindung.

Im Jahre 1913 begann Pfarrer Johann Friedrich Grün, Notizen lassen erkennen, wohl unter der Mithilfe des Pfarrers auf der 2. Pfarrstelle, Ernst Christoph Keller (1896–1916), mit einer geschichtlichen Zusammenstellung, die er nannte: „Allgemeine Pfarrbeschreibung; Pfarrbuch oder allgemeine Beschreibung des gesamten Kirchenwesens in der evangelisch-lutherischen Pfarrei Roßtal.“ Er beendete das etwa 120 Seiten umfassende, handgeschriebene Werk im Juni 1914. Im Nachtrag hat ein später hier eingesetzter Pfarrer noch einige Seiten über Geschehnisse bis zum Jahre 1922 hinzugefügt.

Pfarrer Grün, geboren in Königsbronn, war von 1882–1886 Vikar in Immenstadt, dann Pfarrer in Karlshuld (Donaumoos) und Lentersheim. Er wirkte in Roßtal von 1903 bis zu seinem Tode im Dezember 1920. Im Jahre 1908 gründete er den Verein für Gemeindediakonie und nach Erwerb eines Grundstücks wurde 1912 eine „Kinderschule“ eingerichtet.

Seine Pfarrbeschreibung umfaßt in Kurzform alles Wissenswerte über den Ort Roßtal selbst und die zur Pfarrgemeinde zählenden Ortschaften sowie die geschichtliche Entwicklung der Pfarrei. Er stützt sich dabei nicht nur auf Daten und Ereignisse, wie sie aus den Pfarrakten und den Kirchenbüchern zu entnehmen sind, sondern wertet, wie das Literaturverzeichnis erkennen läßt, die einschlägigen Werke zur Orts-, Zeit- und Reformationsgeschichte aus.

Pfarrer Grün hat mit dieser zusammenfassenden chronologischen Aufzählung von Pfarrstellenbesetzungen und Zeitläufen eine heimatgeschichtliche Grundlage von erheblichem Wert geschaffen.

Quellen:

Johann Friedrich Grün: "Pfarrbeschreibung" 1914 Matthias Simon: "Ansbachisches Pfarrerbuch 1528 - 1806" Die evangelisch-lutherische Geistlichkeit des Fürstentums Brandenburg-Ansbach, 1955 Adolf Rohn: "Heimatbuch von Roßtal und Umgebung" 1928 Günther Schuhmann: "Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach" 1980 Christoph Jordan: "Tagebuchaufzeichnungen" 185 "Roßtaler Heimatblätter" Heft 11/1980 S. 11 - 14

Dieter Koerber

„Was nun ferner die Leichen und deren Solennien betrifft …“

Die Leichen, das waren und sind im Fränkischen nicht die Leichname, sondern die Bestattungen und etwas Latein mußte der gelehrte Verfasser natürlich auch anbringen. Es war der in diesem Heft nochmals erwähnte Pfr. Abraham Heinrich Lips, der 1741 eine „Beschreibung der Kirchenceremonien in der Pfarr und Gemein zu Roßtal“ gefertigt hat. Tit. XI handelt also von den Begräbnisfeiern. „Was nun die Leichen und deren Solennien in hiesiger Pfarr und Kirche betrifft, so werden die Meisten, was nicht zu arme Leute und kleine Kinder betrifft, mit ordentl. Predigten begraben. Es mag auch eines vermöglichen Bauern Kind nur irgend das erste Jahr überstiegen haben, so läßt ers gar schwer nur mit einer Sermon, sondern begehrt eine Leich-Predigt. Mit dieser Predigtleichen wird es nun derart gehalten, daß ohne vorher, gleichwie es verschiedenen Orts geschieht, des Vormittags den Toten geläutet zu haben, allsdann, wenn die Leiche wirklich angehen soll, und es vom dem Leichenhaus gemeldet worden, oder eine auswärtige Leiche an dem gehörigen gewöhnlichen Platz niedergesetzt ist, das Zeichen mit der großen Glocke gegeben wird. Darauf gehen dann die Geistlichen und zwar der Concionator (Prediger) mit dem weißen Chorhemd bekleidet, nebst Schulmeister und seinen Schuljungen mit Vortragen des Kreuzes aus der Kirche ab und dem Leichenhaus (Sterbehaus!) oder dem Platz der niedergesetzten Leiche still und ohne Glockenklang zu. Nach deren Ankunft wird dann ein Sterbelied ... gesungen. Sobald dies geendet und die Träger die Leiche aufgesetzt so geht man unter angestimmten anderweitem Sterbelied mit Zusammenläuten aller vier Glocken dem Kirchhof und besonders dem bereiteten Grab zu“.

Nach der Beisetzung des Leichnams geht es in die Kirche:

„in welcher dann insgemein das Lied, Auf meinen lieben Gott, nach diesem aber ein anderes, welches der Concionator seinem Texte gemäß besonders angegeben, teils ohne, teils mit der Orgel abgesungen, nachdem die Freundschaft des Verstorbenen die vor das Orgelschlagen gewöhnliche Gebühr übernommen wollen oder nicht ..."“

„Neben diesen ordentlichen Predigtleichen gibt es aber noch andere, die nach einer uralten und nicht nur hier, sondern auch an den benachbarten Pfarreien und Orten von langen her üblichen Observanz, vom Haus aus Überland besungen und mit der Procession hereingeführt werden, welche, weil sie etwas mehr Kosten machen als die anderen, keine anderen als vermögliche und vor Anderen ansehnliche Leute begehren.“

„Es geht nämlich um Mittag der Schulmeister mit den Schulbuben und dem Kreuz nach dem Ort und dem Haus des Verstorbenen, die Geistlichen aber werden in einem Fuhrwagen nachgeführt. Bei dieser Letzteren Ankunft wird vor dem Haus ein Lied gesungen und nach dessen Endigung gehet der Schulmeister mit dem Kreuze unter Absingen eines anderweitigen Sterbeliedes fort, welchen die Geistlichen und der Wagen mit dem Leichnam, mit dem ordentlichen Partuch bedeckt, nach diesem aber die Leichenleute in sonst gewöhnlicher Ordnung folgen.“

„Unterwegs wird mit dem Singen öfter eine gute Zeit innegehalten, hernach aber wieder angestimmt und so continuiert, bis man mit der Leiche an die sonst gewöhnliche Stelle der Absetzung gelaufen, die dann daselbst von dem Wagen abgenommen und auf die Leichpar wie sonsten gestellt und unter continuierendem Gesang dem Kirchhof zugetragen und weiter keine andere Ceremonie beobachtet wird als bei anderen Predigtleichen herkömmlich und oben vermeldet ist. Nur dieses ist noch zu erwähnen, daß, wenn dergleichen Leichen sich dem hiesigen Ort nähern sodann die große Glocke geläutet wird und wenn sie an dem gewöhnlichen Platz von den Trägern aufgebahrt sind, sofort mit allen Glocken zusammengeschlagen wird.“

„Ist es weit, so gehen die Geistlichen nicht beständig mit, sondern fahren mit ihrem Fuhrwerk vorher bis hiesigen Ort. Auch möchte nicht zu vergessen sein, daß die hiesige Gemeinde in Ansehung des Geläutes auf etwas mehr Ehre prätendiert, als sonsten geschähe, weil sie nicht nur ehemals zu dem Geläute überhaupt aus ihren Mitteln ein Ansehnliches beigetragen, sondern auch vor vier Jahren die große Glocke von 44 Zentnern, welche durch einen bekommenen Sprung viele Jahre unbrauchbar gewesen, wieder umgießen lassen und dazu gegen 800 fl verwendet haben, gleichwie sie auch insgemein zur Aufhelfung des hiesigen durch allerhand Unglück verschuldeten Heiligen (die Kirchenstiftung) das ganze Jahr hindurch mit Geschenken, Einlagen, Stuhlzinsen das Ihrige ehrlich und redlich beitragen.“

Für Arme und Kinder gab es die billigere Sermon-Leiche bei der statt der freien Predigt in der Kirche eine Vermahnung oder gedruckte Predigt verlesen wurde. Es gab dann in der Kirche auch nur ein Lied statt der zwei am Anfang und zum Ausgang wurde nur mit den drei geringeren Glocken geläutet.

„Der Träger aber sind bei hiesigen Leichen, wenn es erwachsene Leute ordentlich sechs, wenn es mittlere Kinder, vier, so es aber geringe und kleine Kinder, zwei, die Wochenkinder aber pflegen insgemein von der Hebamme mit dem bloßen Särglein und einem kleinen Leichentüchlein ohne Fahr getragen zu werden.
Jungen und ledigen Leuten werden ordentliche Kränze, insgemein einer auf den Sarg gesetzt, nebst einem Cruzifix, welche gewöhnlich die Taufpaten, manchmal aber auch die Eltern oder nahen Freunde machen lassen.
Zu der Einsenkung der Leichen ins Grab braucht man dahier nach einer alten Gewohnheit gewisse, dazu gewidmete Handtücher, so von den Pfarrkindern selbst zu dem Ende gestiftet und angeschafft wurden.
Fremder Religion Genossen, wo sie sich sonst still und bescheiden aufgeführt, sind bis daher allhier mit christlichen Ceremonien und mit dem geringen Unterschied von anderen Lektionen begraben worden.
In der Kirche wird dahier niemand begraben, außer welchen es von gnädiger Herrschaft dispensiert ist und sind derzeit keine anderen Leichenbegräbnisse darinnen bekannt als
a) ein Altes der Ayrer
b) ein anderes, die Schmiedlische Gruft genannt
c) das Lempsche Grab, der anno 1738 gestorben
d) der Furtenbachischen Kinder und
e) die letzthin eingerichtete Schlammersdorfische Gruft, darin die Anfang des Jahres verstorbene Frau Obristjägermeisterin von Schiammersdorf beigesetzt worden
das 4. Begräbnis findet sich hinten gegen das Glockenhaus, die ändern aber alle in dem Chor der Kirchen.
Der alten bereits vor 200 Jahren verstorbenen und unter (?) dem Chor der Kirche begrabenen Pfarrer ist nun nicht mehr zu gedenken. Die neueren Geistlichen aber und Beamten liegen mit ihren Familien außer der Kirchen und auf dem Friedhof. “

Soweit der Bericht des Pfarrers Lips an das Consistorium in Ansbach. Was uns Heutige wohl stört, ist der krasse soziale Unterschied. Man tut, was man sich leisten kann. Im Tode sollten doch alle gleich sein. Hundert Jahre später war es nicht besser, sondern eher noch aufwendiger oder noch ärmlicher geworden: 1846 schreibt der Pfarrverweser Jordan:

„Auswärtige Singleichen sind das non plus ultra von Leichenprunk wenigstens für hiesige Gegenden. Die beiden Geistlichen werden auf Kosten der Hinterbliebenen in den auswärtigen Ort gefahren, woher die Leiche ausgeht. Der Kantor geht mit seinen Sängern eben dahin. Wenn alle Geladenen erschienen sind, was oft sehr lange währt, so wird der Sarg geschlossen. Die Geistlichen, der Kantor und die Sänger stellen sich vor dem Hause auf. Nachdem einige Verse gesungen wurden, geht der Zug ab, voran das Kreuz für dessen Beflohrung der Kantor Sorge zu tragen hat, sodann die Sänger, an deren Schluß der Kantor, ferner die beiden Geistlichen zufuß, dahinter der Leichenwagen, bespannt mit gewöhnlich durch das ganze sehr beunruhigten Pferden, weswegen die Geistlichen stets in einiger Angst schweben. Hierauf die Verwandten und zur Trauer Geladenen zu Fuß. So geht der Zug über den Ort hinaus, das Fuhrwerk der Geistlichen ist vorausgeeilt und wartet in einiger Entfernung vom Ort, um die Geistlichen wieder einzunehmen. Kommt aber der Leichenzug durch einen anderen Ort, so müssen die Geistlichen wieder halten um wieder im Zuge durch denselben mitzugehen. In Roßtal angekommen geht es dann wie bei anderen Leichen, nur mit dem Unterschied, daß vor der Einsegnung auch eine Grabrede stattfindet. Durch das alles kommt es besonders im Winter aber auch öfters im Spätherbst dazu, daß man erst bei anbrechender Dunkelheit in die Kirche kommt, woselbst alsdann Lichter angezündet werden müssen, welches Geschäft nicht ohne viele Störung des Gottesdienstes vorgenommen wird.“

Im Gegensatz dazu sticht die Armseligkeit der Kinderleichen hervor. Sicherlich ist die große Kindersterblichkeit und der Kinderreichtum der Zeit mit zu bedenken und die Armut der Bevölkerung, wenn man die folgenden Abschnitte in Jordans Bericht liest.

„Es gibt drei Abstufungen (näml. bei den Kinderleichen):
1. Kinderleichen ganz kleiner Kinder, da die Hebamme den Sarg zum Grabe fragt zu einer Zeit da ohnehin geläutet wird, meist um 11 oder 12 Uhr Mittags. Der Geistliche findet dabei niemanden vor, als die Hebamme und den Totengräber und spricht vor und nach der Einsenkung des Sarges einige Gebete, sowie über die eingesenkte Leiche den Segen.
2. Leichen solcher Kinder, welche schon auf der Bahre getragen werden, werden häufig so beerdigt, daß die Geistlichen mit dem Kantor und den Chorschülern vor das Trauerhaus ziehen, woselbst einige Verse gesungen werden. Mit einem kleinem Leichenkomitat wird sodann zum Grabe gezogen und daselbst wie bei Nr. 1 verfahren, mit dem Unterschied, daß zum Anfang, dann nach der Einsenkung und zum Schluß gesungen wird. Da diese Leichen gewöhnlich um 10 Uhr Vormittags stattfinden, so wird besonders dazu geläutet. Diese Leichen kommen jedoch fast nur bei solchen Kindern vor, die zu Roßtal gestorben sind.
3. Leichen noch mehr herangewachsener Kinder werden häufig in derselben erst geschilderten Weise beerdigt, doch mit dem Unterschied, daß man vom Grabe in die Kirche zieht wo nach einem Gesänge der Geistliche am Altare eine sogenannte Vermahnung und den Lebenslauf verliest und nach Absingung eines Verses von Seiten der Versammlung mit einem Gebet und dem Segen schließt. Beim Gesang findet Orgelbegleitung statt und diese Leichenbegängnisse kommen gewöhnlich nachmittags vor.“

Immer wieder hat auch die Obrigkeit eingreifend und mäßigend auf die oft recht üppigen Bestattungsbräuche einzuwirken versucht, nicht zuletzt auch zum fürsorglichen Schutz der armen Untertanen, für die eine Bestattung, aber auch eine Taufe oder Hochzeit, leicht zum finanziellen Ruin führen konnte. Die wichtigste dieser Ansbacher Verfügungen ist das „Hochzeiten, -Kindtauf, -Leichen und Trauerreglement Onolzbach“ von 1733. Es verwies den Aufwand eines jeden Bürgers in die Grenzen seines Standes. Neben den Beamten sah es sechs Kategorien für die Bürger vor:

a) Die wohlhabenden Bürger in den Städten
b) die Schultheißen, Gerichtspersonen, Siebner und vermöglichen Handwerker auf den Dörfern
c) die sonstigen Bürger in der Stadt
d) die gemeinen Leute in der Stadt
e) die geringen Handwerker, Halbbauern und Söldner auf den Dörfern und
f) die Taglöhner in Stadt und Land

Allzuviel scheinen diese Verordnungen nicht bewirkt zu haben. 50 Jahre später mußte sich der letzte Ansbacher Markgraf wieder damit befassen „daß die unserem gegenwärtigen Zeit-Alter angemessene Aufklärung und die Wohlfahrt unserer getreuen Diener und Unterthanen unseres untergebürgischen Fürstenthums durch Abstellung gewisser von dem Vorurtheil erzeugter und tief eingewurzelter Mißbräuche immer mehrers verbreitet und gefördert werden möge“. Die Verordnung vom 19. Jan. 1789, die sich ausdrücklich auf das Reglement von 1733 beruft, enthält 9 Punkte:

  1. „alles Trauern in ganz schwarzen Kleidern für die Verstorbenen von nun an, sowohl beim höhern als niedrigem Stand soll gänzlich abgestellt und verboten sein“
  2. „alle Abgabe an Tauerbekleidung oder diesfallsige Vergütung an Geld, und wenn beedes auch noch so gering wäre, für die Dienstboten und das Hausgesinde“ soll wegfallen „und nicht minder“
  3. „die Verfertigung kostbarer Kinderkränze, dann“
  4. „kostspieliger Todten-Särge einen Hang an Eitelkeit verrät und nochdazu einen großen und übel angebrachten Aufwand erfordert, überdies denen Verstorbenen nichts hilft ...“
  5. (Es folgt Verbot von Kinderkränzen, soweit es nicht Leihkränze sind, eichener Särge, „da das Eichenholz von Zeit zu Zeit kostbarer und seltener wird“ und die Anordnung bei der Ausstattung der Särge und Einkleidung der Leichname alle Verschwendung zu vermeiden, „Daher weder Atlas, noch andere Seidenzeuche, sondern bloße, einförmige Leinwand dabei gebraucht und auch hierin alles kostensplitterige Unterlassen werden solle“

  6. Verbot der sogenannten Leichen-Mahle oder Leichengelage sowie auch der bisher bei den Leichenbegräbnissen übliche Flor, Handschuh „etz und Zitronen austeilen an die Träger und Begleiter“
  7. Verbot der Bestattungen in den Kirchen „wegen der ungesunden Ausdünstungen der Leichname und ihrer schädlichen Würkungen und Einflüsse, so sie auf die Lebenden äussern.“ Es soll jedesmal der kürzeste Weg vom Trauerhaus zum Friedhof genommen werden.
  8. Empfehlung, zur Vermeidung größerer Kosten die Leichen am frühen Morgen in aller Stille zu beerdigen, jedoch mit Zuziehung eines Geistlichen, ohne Geläute und Singen „zumal das zu unbestimmter Zeit vorgenommene Läuten der Glocke die Nachbarschaft beunruhigen, in der Folge aber zur Zeit der Noth und Gefahr ein solches Zeichen der Glocke gar verkannt und weniger darauf geachtet werden möchte.“
  9. wo stille Beerdigungen in Gebrauch sind, soll der Pfarrer keine Rede am Grabe halten, „wo bei stürmischen und rauhesten Wetter nicht einmal die Anverwandten des Verstorbenen anwesend sind“, statt dessen im Gottesdienst des nächsten Sonntags des Verstorbenen auf eine kurze und schickliche Art gedenken.
  10. „es ist, Vorsorge zu treffen, daß kein Scheintoter beerdigt wird, deshalb soll die Beerdigung erst nach dreimal 24 Stunden erfolgen.“

Man spürt eine neue Zeit, die Zeit der Aufklärung. Ganz glücklich werden die Unterthanen nicht über die Verordnung gewesen sein. Alles müßte ja auch nicht der Vernunft, der Gleichheit, der Sparsamkeit geopfert werden.

Ein leichtes Absatz sei noch den mehrfach erwähnten „Kinderkränzen“, oft auch Totenkronen genannt, gewidmet. Die Sinndeutung ist bis heute noch nicht recht gelungen, aber der Brauch steht fest: Kindern und Unvermählten wurden – oft kostbare – Kronen oder Kränze, offenbar nicht immer nur einer auf den Sarg gelegt. Man muß nicht gleich an die Vermählung mit dem „Himmlischen Bräutigam“ denken. Die Kronen wurden mit ins Grab gegeben, in anderen Gegenden in Vitrinen in der Kirche zur Schau gestellt. Schon die Verordnung von 1733 verbietet diesen Aufwand und schlägt vor, der Heilige (= die Kirchenstiftung) sollte Leihkronen anfertigen lassen, die dann gegen eine geringe Gebühr zur Verfügung wären. Es scheint lange gedauert zu haben, bis sich der Markgraf damit durchsetzen konnte. In Roßtal erfolgte die Anschaffung erst 1779 und 10 Jahre später muß immer noch an die Verordnung erinnert werden.

Solche metallenen Kronen aus geringem Material fertigte der Gürtler. Für die Markgrafschaft Ansbach hatte an die hundert Jahre lang die Gürtlerfamilie Hollenbach das Privileg der Herstellung.

Auch die zwei in Roßtal vorhandenen Leihkronen stammen aus dieser Werkstatt. Die Abbildung läßt nicht erkennen, daß die eine Krone für die höheren Stande die Facetten und das Kreuz vergoldet hat.

Des Kuriosums wegen sei nachfolgend ein Vorschlag zur Vermeidung der Bestattung von Scheintoten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts angefügt.

Quellen:

Akten des Evang.-Luth. Pfarramts Roßtal
Gertrud Voll, Metallene Totenkronen in Mittelfranken. Ein Werkstattbericht. Kirche + Kunst, Heft 1, 1983