Vor 50 Jahren:
Die von ihren Türmen genommenen Roßtaler Glocken im Fürther Bauhof,
bereit zum Abtransport nach Hamburg (Sommer/Herbst 1942)
Photo: Otto Sperl
Wem ist es heute noch bewußt, wenn er das herrliche Roßtaler Geläute hört, daß vor 50 Jahren die Glocken an die Heeresverwaltung abgeliefert werden mußten? War es im ersten Weltkrieg noch möglich, die Glocken durch geschicktes Hinauszögern von der Ablieferung zu retten, konnte diesmal – trotz aller Bemühungen von Adolf Rohn und Pfarrer Sperl – nicht verhindert werden: am 14. Juli 1942 wurden die Glocken vom Turm genommen.
Pfarrer Sperl im sonntäglichen Gottesdienst vorher: „Laßt uns unsere Glocken noch einmal hören und ihnen im Gebete lauschen.“
Dabei konnten sich die Roßtaler nicht einmal beklagen, durften sie doch die große 12-Uhr-Glocke behalten, während bei anderen Kirchen allein die kleinste Glocke auf dem Turm verblieb.
Noch bis 25. Juli standen 11-Uhr-, Gebet- und Taufglocke auf dem Markplatz, dann wurden sie mit den anderen Glocken der Pfarrei (Buttendorf, Weitersdorf und Buchschwabach) zum Bauhof nach Fürth gebracht, wo sie mit allen Glocken des Landkreises lagerten; selbst das kleine Glöcklein des Torturmes wurde nicht verschont.
Im Januar 1943 erreichten sie mit vielen ihrer „Leidensgenossen“ den sogenannten Glockenfriedhof in Hamburg. Glocken jüngeren Datums schmolz man ein; andere wurden durch Luftangriffe zerstört. So bestand auch für die Roßtaler wenig Hoffnung.
Erst ein paar Jahre nach Kriegsende erreichten die Roßtaler Glocken wieder ihre Heimat: zuerst (am 18. Juni 1947) die 11-Uhr- und die Gebetglocke; ein paar Tage später auch noch die Taufglocke. Ihre Reise ging zunächst auf dem Wasserweg von Hamburg über Rhein und Main nach Würzburg und von dort schließlich mit dem Lastwagen nach Roßtal. Auch die Glocken von Buchschwabach und Buttendorf sind auf diesem Weg wieder zurückgekehrt; nur die Glocke von Weitersdorf aus dem Jahre 1869 wurde eingeschmolzen.
Zum Kirchweihfest – dem 10. August 1947 – konnte sich die Bevölkerung nach fünf Jahren zum ersten Mal wieder am gewohnten Geläute ihrer Glocken erfreuen.
Zum vorstehendem Bild (von rechts nach links):
Mit der Angliederung der „Fränkischen Provinzen“ am 5. Januar 1792 an das Königreich Preußen, was nach der Abdankung des letzten Markgrafen, dessen Ehe kinderlos blieb, vertragsgemäß geschah, begann im Markgrafentum Ansbach ein neuer Zeitabschnitt. Für Roßtal wurden die geänderten Verhältnisse bald spürbar, wurde doch am 31. Mai 1797 das Richteramt aufgelöst und Roßtal verlor damit seine Bedeutung als „unteres Verwaltungszentrum“.
Die Organisation der Landesbehörden gegen Ende der Markgrafenzeit war so gegliedert, daß, um nur die hier interessierenden Verwaltungsstellen zu nennen, eine Instanz „Kammer und Landschaft“ genannt, in Ansbach zuständig war für alle Amtsgeschäfte der staatlichen Güter und Forsten, für die Steuern und für die Oberaufsicht über die Finanzen, sowie für das Bauwesen; für die Kirchen- und Schulangelegenheiten verantwortlich, aber auch mit der Dienstaufsicht über die Dekanate und Schulstellen betraut, hier seien nur die Hauptaufgaben angeführt, war die Instanz „Consistorium“.1)
Auf der Ebene der Pfarreien war die Gliederung so, daß das jeweilige Richteramt, wie in Roßtal, die weltliche Aufsicht über die Pfarrei innehatte und der Richter seinerseits dem Oberamt, hier Cadolzburg, unterstellt war. Die Aufsichtsfunktion über die finanziellen Angelegenheiten der Pfarrei war damit erfüllt, daß dem Richter alle Einnahmen und Ausgaben bekanntgegeben werden mußten. Die Kirchenvorstände, damals „Heiligenpfleger“ genannt, wurden, wie aus einem Revisionsbericht des Jahres 1724 hervorgeht, offenbar nicht von der Gemeinde gewählt, sondern vom Richter bestellt. Die Revision der Einkünfte und Ausgaben nahm das Oberamt in Cadolzburg wahr.
Die Verantwortung des Pfarrers und der „Heiligenpfleger“ war in Anbetracht der zu erledigenden Aufgaben nicht gering und der Umgang mit dem Geld geschah sicher sehr sorgsam, mußten doch Kirche, Pfarr- und Schulhäuser unterhalten – auch die Filialkirchen in Buttendorf und Weitersdorf zählten dazu – sowie die Pfarrer, Schulmeister und Mesner besoldet werden. (Die Kirche in Buchschwabach hatte einen eigenen „Haushalt“.)
Bei soviel Registraturarbeit ist es deshalb nicht verwunderlich, daß dem Pfarrer mit seiner Kirchenverwaltung auch Buchungsfehler unterliefen, die bei den Revisionen als Mängel „ausgestellt“ wurden.
Das Oberamt Cadolzburg hat diese Prüfungen, die Gründe hierfür sind aus den Akten nicht ersichtlich, nicht in regelmäßigen Abständen vorgenommen. So fanden in den Jahren von 1703–1723 keinerlei Revisionen statt, was zur Folge hatte, daß die im Jahre 1724 angesetzte Überprüfung dem Pfarrer eine umfangreiche Schreibarbeit für die Begründung der mehr als 20 Jahre zurückliegenden Einnahmen und Ausgaben bescherte. Die Fragen des Cadolzburger Oberamtmannes waren bohrend und beschränkten sich nicht nur auf die rechnerischen Nachweise sondern forschten auch nach dem Inventar. Ein kurioses Beispiel hierfür: Auf die Frage des Cadolzburger Beamten nach dem Verbleib von „drey Glöcklein“ mußte der Pfarrer gestehen, daß nur die Größte davon noch erhalten sei, „die zwey kleinen aber hat der unglückliche Glockengießer Arnold in den Schmelzofen geworfen, was vom Heiligenpfleger Fischhaber selbsthändig attestiert wird“.
Mit diesem übrigens mißlungenen Glockenguß im Jahre 1700 in Roßtal sollte eine durch den Blitzschlag 1693 zerschmolzene Glocke neu gegossen werden.
Es ist aus den Unterlagen des Archivs nicht ersichtlich, welche Rolle der Richter als Aufsichtsperson in diesem Falle spielte, denn angesichts der hier am Ort stattgefundenen Begebenheit des Glockengußes, zu dem noch dazu eine Einladung an den Markgrafen erging, konnte dem Richter ja nicht verborgen geblieben sein, woher das Material für den Neuguß kam.
Die Bemerkungen im Revisionsbericht lassen aber erkennen, daß der Pfarrer mit seinen „Heiligenpflegern“, damals zwei Personen, innerhalb einer sicher begrenzten Zuständigkeit, Ausgaben tätigen und eigenverantwortlich handeln konnte.
Die Eingliederung der fränkischen Fürstentümer führte nun dazu, daß hier der im Königreich Preußen existierende Verwaltungsaufbau übernommen werden mußte. Die zur Markgrafenzeit bestehende Instanz „Kammer und Landschaft“ wurde in eine „Kriegs- und Domänenkammer“ umgewandelt und das früher selbständige „Consistorium“ dieser „Kriegs- und Domänenkammer“ unterstellt.1.1)
Zum Verständnis der nachfolgenden Zeilen sei im geschichtlichen Rückblick erläutert, daß diese Gliederung von Verwaltung und Justiz auf den Preußenkönig Friedrich Wilhelm I.(1713–1740) zurückgeht, sich bewährt hatte und deshalb mit einem „Patent“ vom 3. Juli 1795 durch König Friedrich Wilhelm II.(1786–1797) auch hier in Franken eingeführt wurde (Titelblatt siehe Anhang).
Die Sparsamkeit im Staatswesen war bei Friedrich Wilhelm I., dem „Soldatenkönig“ und seinem Nachfolger Friedrich II. (1740–1786) sprichwörtlich und von ihrer Art ,den Taler dreimal umzudrehen bevor er ausgegeben wurde, waren andere Landesfürsten weit entfernt.
Friedrich Wilhelm I. erkannte, daß für ein geordnetes Staats- und Finanzwesen eine funktionierende Verwaltung unabdingbar ist und schuf, um die Zersplitterung der Kräfte in der Verwaltung, sowie Kompetenzstreitigkeiten zu vermeiden, im Jahre 1722 die „General-Oberfinanz- Kriegs- und Domänenkammer“, die ihm persönlich unterstellt war.
Es ist bezeichnend für die Effektivität dieser Verwaltungsform damals, daß das kleine Land Preußen, ohne Bodenschätze und teilweise nur über karge Böden verfügend, bei nur 2 1/4 Millionen Einwohnern ein stehendes Heer mit 80000 Mann unterhielt und trotz dieser enormen Belastung noch Überschüsse erzielte. Die gerechte Verteilung der Steuerlasten, Adel und Könighaus nicht ausgenommen, mag dazu beigetragen haben. Dieser König, der keine Kriege führte, schuf ein unbestechliches und kenntnisreiches Beamtentum und hinterließ seinem Nachfolger einen Staatsschatz von 10 Millionen Talern.
Nicht anders wirtschaftete Friedrich II., der sich selbst als der „Erste Diener seines Staates“ sah, eine mustergültige Justiz aufbaute, Verwaltung und Rechtspflege trennte und bis zum Ende seiner Regierungszeit 54 Millionen Taler im Staatsschatz anhäufte.2)
Anders im Markgrafentum Ansbach zu dieser Zeit: Markgraf Carl Wilhelm Friedrich (1729–1757), der Schwager Friedrich II., unter dem das Fürstentum Ansbach zwar eine Blüte erlebte, brachte sein Land an den Rand eines Staatsbankrotts.1.2)
Sein Sohn, Carl Alexander (1757–1792), der letzte Markgraf, übernahm mit dem Antritt der Regierung eine Schuldenlast von 2,3 Millionen Reichstalern. Er, der in Friedrich II., dem Großen, seinen „chèr oncle“ wie er ihn nannte, sein Vorbild sah, förderte nach Kräften Handel, Gewerbe und Landwirtschaft und erreichte durch Sparsamkeit und Verminderung des Hofpersonals, leider aber auch durch die „Vermietung“ von über 2000 Soldaten aus Ansbach und Bayreuth an den englischen König, der gegen die Unabhängigkeitsbewegung der nordamerikanischen Siedler kämpfte, eine Konsolidierung der Staatsfinanzen 1.3)
Nach seiner Abdankung ging er nach England und führte das Leben eines Landedelmannes, was mit der jährlichen Rente von 300000 Gulden, die das ehemalige Markgrafentum Ansbach aufbringen mußte, sicher leicht möglich war.
Der preußische König Friedrich Wilhelm II. (1786–1797) regierte nun auch über die beiden Fürstentümer Ansbach und Bayreuth, letzteres war seit 1769 mit dem Fürstentum Ansbach verbunden.
Die Regierungszeit dieses preußischen Königs war für sein Land kein Segen, mit der Wahl der Person für die Verwaltung der Gebiete in Franken traf er allerdings eine gute Entscheidung.
Er beauftragte damit den verdienstvollen Ministerialbeamten Karl August von Hardenberg, dem schon vor der ausgesprochenen Abdankung des Markgrafen Carl Alexander die Gelegenheit zur Einarbeitung in die Regierungsgeschäfte in Ansbach geboten wurde.
Hardenberg begann mit der schon genannten Neugliederung der Behörden nach bewährtem preußischen Muster, und die Umstellung begann mit einer Reihe von Verfügungen, Dekreten und Edikten. Die Reform betraf alle Gebiete der Verwaltung, auch Handel und Gewerbe bis zur Erfassung der Wehrpflichtigen in den Kantonen und die Ergreifung von Deserteuren, (siehe Titelblatt im Anhang)
Seine straffe Staatsverwaltung machte auch vor den Kirchen nicht halt. Im Geiste der Aufklärung und durch den Einbezug des „Consistoriums“ in die Kriegs- und Domänenverwaltung mußte die Kanzel auch zum Ort aller möglichen staatlichen Ankündigungen zugelassen werden. So war am Sonntag Trinitatis 1798 mit der Predigt auch für ein Vorbeugemittel gegen die Rinderpest zu werben oder 1802 war eine Predigt über die Gesindeordnung zu halten; die Verpflichtung der Pfarrer ab 1792 lautete: „Diener des Staates und Lehrer der Kirche zu sein“. Andererseits gab es auch die Einführung eines neuen kirchlichen Festbrauches, nämlich die Einführung der Konfirmation in feierlicher Form. Dieser feierliche Abendmahlsgang für die Jugendlichen wurde als Festbrauch durch preußische Offiziersfamilien nach Franken gebracht.3)
Für die Leitung der neuen Kriegs- und Domänenkammer in Ansbach berief Hardenberg den Mecklenburger Kaspar Friedrich von Schuckberg zum Präsidenten, der sparsam und diensteifrig geschildert wird, wie überhaupt eine Reihe von preußischen Beamten, u. a. auch Alexander von Humboldt, in Ansbach oder Bayreuth in der Verwaltung und Justiz tätig waren. 1.4)
Die Bevölkerung nahm diesen Wechsel der Herrschaft gelassen hin. Den „kleinen Mann“ betrafen diese Neuerungen meist wenig, wohl aber die Amtsstellen, so auch die Pfarrei Roßtal. Sie erhielt alle Erlasse und Verfügungen und bezüglich der Verwaltung des Kirchengutes begann eine neue Zuständigkeit, was aus den Rechnungsakten im Archiv der Evang.-Luth. Pfarrei St. Laurentius ersichtlich ist.
Es scheint, daß diese Neuorganisation der Verwaltung den Pfarreien nicht eine erweiterte Zuständigkeit in finanziellen Angelegenheiten gebracht hat, obwohl eine „Kirchenverwaltung“ bestand, die eigenverantwortlich und sicher auch ausreichend sachkundig bei Instandsetzungsaufgaben hätte entscheiden können, blieb doch die Buchführung über Einnahmen und Ausgaben weiterhin Sache der Pfarrei.
Daß sich bei dieser zentralen Zuständigkeit des Consistoriums in Ansbach ein Bürokratismus entwickeln mußte, zeigen die nachfolgenden Beispiele: Anfang des Jahres 1803 war ein Tor im Friedhofsbereich schadhaft geworden und bedurfte der Erneuerung. Das Pfarramt Roßtal richtete ein Schreiben an die „Kriegs- und Domänenkammer“ in Ansbach mit einer Kostenschätzung und der Bitte um Genehmigung zur Ausführung der Arbeit. Wenige Tage später antwortet die Unterabteilung „Consistorium“ der Kriegs und Domänenkammer, genehmigt die Reparatur, ermahnt die Antragsteller, daß die vom alten „Gatter“ erlösten 12 Kreuzer gehörig zu vereinnahmen sind. (siehe Abb.)
Bei der Durchsicht der Rechnungsbücher aus den Jahren 1803/1804 konnte auch der weitere Vorgang verfolgt werden:
„Dem Zimmermeister List und Schlossermeister Schmidt dahier wurde für die Fertigung eines neuen Gattern Thores in dem hiesigen Friedhof laut der allergnädigst ratifizierten und quittierten Ablage vom 8. und 17. Juni 1803 und zwar erstere 4 Gulden und 30 Kreuzer und letzterer 30 Kreuzer“
Auf der Einnahmenseite ist vermerkt: „Der Zimmermeister List dahier zalte vor das alte Gatter Thor im Friedhof laut Zettels 12 Kreuzer“.
Der genannte Zettel mit dem der Handwerksmeister Johann List am 31. Oktober 1803 bestätigt, an das Pfarramt 12 Kreuzer gezahlt zu haben, liegt der Buchung bei. Am 19. Juli 1803, also wenige Wochen später, beantragt die Pfarrei die Genehmigung zur Ausführung einiger Reparaturen in der Kirche im Gesamtwert von 3 Gulden 10 Kreuzer und erhält von der Kriegs- und Domänenkammer in Ansbach die „Ratifizierung“ dazu; ein aufwendiges Verfahren, wenn man den Geldwert vergleicht: Der Tageslohn eines Arbeiters betrug 20–30 Kreuzer, ein Paar Schuhe kosteten 2 Gulden 30 Kreuzer, eine Elle (ca. 65 cm) Leinwand etwa 18 Kreuzer, 3 1/2 Pfund Brot 10 Kreuzer und der Roßtaler Mesner erhielt für eine ganztägige Besorgung nach Zirndorf ein Zehr- und Weggeld von 15 Kreuzern. Der Gulden wurde zu 60 Kreuzern gerechnet.4)
Die den Pfarrer und die „Heiligenpfleger“ belastetende Schreibarbeit zeigt sich erst so richtig bei größeren Ausgaben.
Im Januar 1804 nötigt ein Schaden an der Uhr des Kirchturms den Pfarrer wiederum dazu, dem Ansbacher Consistorium einen Antrag vorzulegen.
Diesmal ging es mit der Genehmigung nicht so schnell. Mit dem Kanzleiformular „Von Gottes Gnaden Friedrich Wilhelm, König von Preußen etc.“ schreibt die Ansbacher Behörde:
„Wir haben zwar auf Euren Bericht vom 9. dieses Monats über die noetige Reparatur der dortigen Kirchenuhr den von Euch vorgeschlagenen Großuhrenmacher Wegler hieselbst die baldige Besichtigung der Uhr und die Einreichung des Kostenanschlages aufgetragen. Da Ihr aber in Eurem Bericht nicht erwaehnt habt welchem Fond die Verbindlichkeit zur Anschaffung und Unterhaltung der dortigen Kirchenuhr oblieget, so habt Ihr vorerst noch gründlich darüber zu berichten. Sollte das Kirchenaerarium zu diesen Ausgaben unwidersprechlich verbunden seyn, worüber die Rechnungen entscheiden müssen, so wird doch die Gemeinde, auf deren Bequemlichkeit die Herstellung der Uhr und der Zeigertafel vorzüglich obzweckt, außer den hierbey vorkommenden Fuhren, die sie unentgeldlich zu leisten hat, nach Maasgabe der Kosten ergiebige Geldbeitraege zu leisten haben“.
Der Hinweis der Beamten in der Kriegs- und Domänenkammer, daß die gesamte Gemeinde auf die Uhr schaut und sich somit auch an den Kosten beteiligen solle, hat dem Pfarrer wenig genutzt. Das Rechnungsbuch zeigt, daß das Pfarramt die Kosten der Reparatur allein getragen hat, ohne daß sich die Gemeinde mit „ergiebigen Geldbeitraegen“ beteiligte. Die an diesem Werk beschäftigten ortsansässigen Handwerker waren der Schreinermeister Nüchterlein, der die „Uhrentafel“ für 33 Gulden 36 Kreuzer fertigte, der Mauerermeister Steigmann, der für die Arbeiten des Abbruchs am Turm und die Neumontage ein Gerüst benötigte, mit 12 Gulden und der Schlossermeister Schmidt, der 3 Gulden 30 Kreuzer erhielt.
Das ansich schon aufwendige Genehmigungsverfahren erhält noch eine Steigerung dadurch, daß jeweils drei Personen, darunter der Vizepräsident der Kriegs- und Domänenkammer (Haenlein) alle Schreiben unterzeichnen, auch wenn es sich um die Zustimmung zur Ausführung von Arbeiten im Wert von wenigen Gulden handelt.
Einige Schreiben tragen die Unterschrift „Lang“ und bei dieser Person handelt es sich um den später geadelten Karl Heinrich Ritter von Lang, der Jurist und Historiker war und von Hardenberg in preußische Dienste genommen wurde. Erst als Archivar zu Bayreuth und auf der Plassenburg tätig, später Legationssekretär an der preußischen Gesandtschaft in Rastatt, war er schließlich „Kriegs- und Domänenrat“ bei der genannten Kammer in Ansbach. (Lang gründete 1830 den „Historischen Verein für Mittelfranken“)
Karl Heinrich Ritter von Lang (1764–1835), dessen spitze Feder schon von seinen Zeitgenossen gefürchtet war, schrieb seine Memoiren, die erst sieben Jahre nach seinem Tode veröffentlicht wurden.
Diese Aufzeichnungen geben u. a. einen guten Einblick in die Verwaltungspraxis der damaligen Zeit, die Lang, der seinen Vorgesetzten Hardenberg sehr schätzte, trotzdem schonungslos karikierte.
So schreibt er, wie der Minister von Hardenberg einige Ämter in der Umgebung von Ansbach besuchte: „Dies geschah gewöhnlich so, daß der Minister (ein gewandter Reiter) auf einem schnaubenden Engländer wie ein Wind vorausflog, hinter ihm darein, so gut es gehen wollte, die Minister und Räthe, an welche dann von allen Orten wo man sie kommen sah, die Forstleute, die Amtleute auch die Schulzen auf ihren Gäulen anflogen“. Er schreibt weiter, daß auf Anhöhen und Aussichten Halt gemacht und ein Frühstück eingenommen wurde und um diese Gesellschaft herum standen nun die Pfarrer, Schullehrer und Bauern von weit und breit gekommen, Bittschriften übergebend. Hardenberg nahm alle freundlich an und in Ansbach mußten dann alle Arbeiten auf die Seite gelegt werden, um diese Eingaben zu bearbeiten. Meist mußten dann reitende und laufende Boten in den Ämtern schon ergangene Befehle einstellen oder neuerdings Akten und Berichte anfordern.5)
Die preußische Verwaltung des Fürstentums Ansbach, die trotz mancher Besonderheit als segensreich und fortschrittlich gilt, währte 14 Jahre.
Nach der verlorenen Schlacht bei Austerlitz gegen Napoleon mußte Preußen das Fürstentum Ansbach an Bayern abtreten.
Am 24. Februar 1806, wenige Wochen nach dem Tode des letzten Markgrafen Carl Alexander, der am 5. Januar 1806 in England starb, zog der französische Marschall Bernadotte in Ansbach ein, um das Gebiet für Bayern in Besitz zu nehmen. Marschall Jean Baptiste Bernadotte, der vier Jahre später als König Karl XIV. Johann über Schweden regierte, blieb mit seiner Truppe sieben Monate in Ansbach. Sein kostspieliger Aufenthalt, die Verpflegungskosten des Militärs wurden mit 22 000 Gulden geschätzt, fand auch seinen Niederschlag im Rechnungsbuch der Pfarrei Roßtal.
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Titelblätter königl.-preußischer Erlasse für die Neuorganisation der Behörden und der Verwaltung in Franken |
Da die Stadt Ansbach für die genannten Kosten nicht allein aufkommen konnte, mußte über das „Consistorium“ der Kriegs- und Domänenkammer in Ansbach Geld bei den Pfarreien aufgenommen werden. Die Pfarrei lieh gegen Schuldscheine und einer Verzinsung von 5 % der Stadt Ansbach einen Betrag von 500 Gulden. (Ob es zu einer Rückzahlung kam konnte nicht ermittelt werden)
Der Übergang von der preußischen zur bayerischen Verwaltung scheint ohne große Umorganisation vorsichgegangen zu sein. Aus der Königl.-Preussischen wurde eine Königl.-Baierische Kriegs- und Domänenkammer, und die abgehefteten Belege in den Rechnungsakten tragen ab 1806 die Überschrift „Von Gottes Gnaden Maximilian Joseph, König von Bayern“. Es fällt auf, daß die Schreibweise „Baiern“ und „Bayern“ gleichzeitig gehandhabt wurde.
Die Beamten der ehemaligen preußischen Verwaltung konnten sich entscheiden, ob sie in preußischen Diensten bleiben oder künftig dem bayerischen Regenten dienen wollten.
Der schon genannten Ritter von Lang entschied sich für den bayerischen Verwaltungsdienst und hat in seinen Memoiren diese Übergangszeit festgehalten. Mag auch manches in seinen Schilderungen überzeichnet dargestellt sein, so steht doch fest, daß noch Jahre vergehen mußten bis auch in der bayerischen Staatsverwaltung allgemein das Niveau der in Franken eingerichteten preußischen Verwaltung unter Hardenberg erreicht war.
1) | Günter Schumann: „Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach“ S. 342 Selbstverlag des Historischen Vereins für Mittelfranken 1980 |
1.1) | Ebenda S. 587 |
1.2) | Ebenda S. 216 |
1.3) | Ebenda S. 256 |
1.4) | Ebenda S. 588 |
2) | Eccardus: „Geschichte des niederen Volkes in Deutschland“ S. 626 Verlag W. Spemann, Berlin-Stuttg.1906 |
3) | Klaus Guth: „Konfession und Religion“ S. 251–262 Abschnitt aus: „Oberfranken in der Neuzeit bis zum Ende des alten Reiches“ Bay. Verlagsanst. Bamberg 1984 |
4) | Fritz Verdenhalven: „Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachraum“ Verlag Degener u. Co, Neustadt/Aisch 1968 |
5) | Karl Heinrich Ritter von Lang: „Skizzen aus meinem Leben, Wirken, meinen Reisen und meiner Zeit“ S. 25 und folg. Faksimili der Ausgabe 1842/ Erlangen, Palm und Enke 1984 |
(Q 1) | Archiv des Evang.-Luth. Pfarramtes St. Laurentius, Roßtal |
Viele Roßtaler kennen noch die alte Überlieferung, die wir dem Richter Brunnenmann aus einem Rechtsgutachten von 1620 verdanken, aus einer Urkunde der Herren von Buttendorf aus dem Jahr 1226 „daß als man uff ein Zeit das Fluchen verholten, ist zur Straf gesetzt worden, wo einer in einem Fluch yberwiesen worden, derselbe alle Weeg ein Fuder Stein zur Stadtmauer hat führen oder sich sonsten am Leib straffen laßen müssen“.
Uns heutigen erscheint das Fluchen, wenn schon eine Gotteslästerung, so doch mehr eine private Unart zu sein, die die weltliche Obrigkeit nicht weiter zu beschäftigen hätte. Die Herrscher „von Gottes Gnaden“ sehen das anders: Sie sind auch mit für das Seelenheil ihrer Untertanen verantwortlich. Vollends in der Zeit nach der Reformation waren die Landesherren die Notbischöfe und Oberhäupter ihrer Landeskirchen. Seit 1806, als Franken zu Bayern gekommen war, waren die natürlich-katholischen bayerischen Könige Bischöfe für die nicht unter einem kath. Bistum stehenden Landeskinder. So nimmt der Fürst auch seine Verpflichtung für das zeitliche und ewige Heil seiner Untertanen wahr.
Im Archiv des Pfarramts Roßtal findet sich die Abschrift eines Mandates gegen das Fluchen, das im gleichen Wortlaut von drei aufeinander folgenden Markgrafen immer wieder erneuert worden ist und den Untertanen regelmäßig bekannt gegeben werden mußte.
Solche Erlasse gingen meistens als Zirkularschreiben (Rundbriefe) hinaus, das Original mußte von Gemeinde zu Gemeinde weitergegeben werden, nachdem es dort kopiert (abgeschrieben!) und dem Copialbuch beigefügt worden war. Da dieses Mandat unter den drei Markgrafen immer im gleichen Wortlaut veröffentlicht wurde, konntes es sich auch die örtlichen „Copisten“ leicht machen: Sie brauchten nur die alte Kopie durch Ändern der Namen und andere sachlich bedingte Berichtigungen, z.B. des Datums, auf den neuesten Stand bringen, um es weiter verwenden zu können.
Das uns vorliegenden Mandat hat folgenden Wortlaut:
„Von Gottes Gnaden, wir Georg Friedrich
(von zweiter Hand gestrichen: Georg, zugefügt: Wilhelm von dritter Hand hinzugefügt: Karl) Markgraf zu Brandenburg in Preußen, zu Magdeburg, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden auch in Schlesien zu Grossen Herzogen, Burggrafen zu Nürnberg, Fürsten zu Halberstadt, Meißen und Camin (von dritter Hand hinzugefügt: Wenden und Schwerin) Grafen zu Hohenzollern (von dritter Hand hinzugefügt: Schwerin-(unleserlich)-Rostock) der Rom. Kaiserlichen Majestät General-Feldt.-Marschal-Lieutenant, (diese Zeile von zweiter Hand gestrichen)
entbieten allen und jeden unseren Kriegsleuthen, Befehlshabern, Verwaltern, Castnern, Vögten, Richtern, Schultheißen, Bürgermeistern und Räthen auch Dorfmeistern, Gerichten und Gemeinden und sonsten allen unseren Unterthanen, Zugethanen und Verwandten in Städten, Märkten und auf dem Lande unseren Gruß und alles Gute und geben denselben samt und sonders hiemit zu erkennen, wie wir die Zeit unserer Regierung über nicht mit geringen Mißfallen vermerket, welcher Gestalt das greuliche Gotteslästern, Fluchen und Schwören überhandnimmt und getrieben wird, also daß es fast keinem mehr als Sünde, sondern gleichsam für Gewohnheit und Gespött gehalten werden will, ungeachtet wie ernstlich der hochgeborene Fürst, und Herr, Herr Johann Friedrich, Markgraf zu Brandenburg, unser geliebter Herr Vater. (Verbesserung von dritter Hand: Großvater)
christlich, löbl. Gedächtniß zu dero Lebzeiten (am Rande, Zufügung von zweiter Hand: wie auch unser frdl. geliebter Herr Bruder, auch hochgeborner Fürst und Herr, Herr Georg Friedrich, beide,)
durch sonderliche (=besondere) Mandate, Befehle und Warnungen verboten und abgeschafft, wären wohl auch der Hoffnung gewesen, es sollten solche gnädigsten landesväterlichen Verordnungen mit schuldigstem Gehorsam in acht genommen worden sein als, leider, das Merken (?) und die alltägliche Erfahrung bezeuget, zumal sich ein jeder Christ aus Gottes Wort und sonderlich den zehn Geboten und allen natürlichen und geschriebenen Rechten und Satzungen leichtlich zu bescheiden (= Bescheid holen kann) was dergleichen Gotteslästern, Fluchen und Schwören auch andere dergleichen Schande und Laster, die dem menschlichen Geschlecht in den zehn Geboten als in einem Spiegel vor Augen gestellet als eine grausame Sünde, vor der sich männiglich und ein jeder insonderheit, für seine selbsteigene Seelenseligkeit billig hüten und dadurch dem gerechten Zorn Gottes (damit derselbe bei diesen gefährlich aussehenden Zeiten nicht weiter anbrennen möge) abwenden solle.
Aber wie dem bisher gelebt und nachgesetzt worden ist, das ist, leider, mehr kundt und offenbar als gut daher auch gänzlich zu bestrafen. Wenn demselben nicht durch ernstliches Einsehen gesteuert und seiner göttlichen Allmacht nicht mit herzlicher Reue und Buße bald in die Rute gefallen wird, es möchte sein gerechter feorn je länger je mehr verursacht und dieses Fürstentum mit Landt und Leuthen mit allerlei Strafen und Plagen schwerer als bisher geschehen, heimgesucht werden.
Alldieweilen aber solch angedrohtes und gleichsam vor Augen stehendes Übel, welches Gott um vielfältigen sündlichen Wesens willen über Landt und Leuthe zu verhängen pfleget, und das besser nicht aufgehalten oder zurückgetrieben werden kann, als mit einem inbrünstigen und reuigem(?) Gebet christlichem Wesen und Wandel, und gleichwohl wir als von Gott verordnete weltliche Obrigkeit höchster Gnaden amtshalben in allembei schuldig erkennen, unsere Diener, auch getreue liebe Freundschaft, Unterthanen, und Angehörige aus gnädigster Sorgfalt vor ihrem zeitlichen Schaden und ewigen Verderben, dessen sie auch ohne das in öfteren Predigten göttlichen Wortes treulich erinnert, zu bewahren, und dagegen ihrer aller Seelenheil und Seligkeit zu befördern, wie wir auch solches zu thun für uns selbsten geneigt sind.
So wollen wir dem allen nach ganz gnädiglich geordnet, auch zu gleich mit allem Ernst mandiert und befohlen haben, daß obengenannte unsere Amtsleuthe und Diener, samt Bürgermeistern und Räthen, auch andere Vorstehen in Städten und Dörfern und auf dem Landt nicht allmänniglich, wie auch unsere Geistlichen ihresorts ab offener Cantzel zu thun wissen, vor der erschrecklichen Gotteslästerung mit greulichem Fluchen und Schwören auch all anderen öffentlichen Sünden und Lastern treulich ab- und hingegen zu einem gottseeligen Leben und Wandel mit Fleiß ermahnen sondern auch des falls für sich selbsten ihren Amtsbefohlenen und Angehörigen mit gutem Exempel vorleuchten sollen, damit sie an schuldiger Execution (= Ausführung) und Handhabung dieses unseres erinnerten Mandats umso weniger gehindert und abgehalten werden mögen,inmaßen wir ihnen dann in Kraft desselben bei den Pflichten und Eiden, mit denen sie samt und sonders uns verwandt und zugetan, ernstlicher binden und auferlegen, hinfür sowohl für sich selbst, amtshalber, durch die dazu bestimmten Personenlauf diejenigen so dieses unser Gebot verächtlich überschreiten und sich mit Gotteslästem, Fluchen Schwören und anderen öffentlichen Lastern vergreifen, fleißig bei allen Wirthen und Gastgebern und männiglich, sowie nicht weniger bei den Stadt- und Gerichts-, auch Land und Amtsknechten die ernstliche Verfügung zu tun, da einer oder der andere wirklich abscheulich Fluchen und unchristlich Schwören oder andere öffentliche Laster höret oder mit Grund berichtet wird, daß er den oder dieselben ungeachtet was Standes oder Alters diese Personen sind, alsbald bei der Obrigkeit anzeige und hierunter niemanden verschone.
Denn in Verweigerung solcher Anzeigung der Hörer oder derjenige, welcher es erfahren und doch verschwiegen, dem Verbrecher gleich gestraft werden soll, mit welcher Straf auch die unserigen, denen es hierinnen allso auferlegt ist, an Unserer Stadt gegen jetzt besagte Übertreter und andere ärgerlichen Personen Inhalts unserer peinlichen Halsgerichtsordnung jedesmals der Schärfe nach an Leib, Gut und Gefängnis unnachläßlich zu verfahren oder sich darüber, wo von nöten, nach Größe und Gefährlichkeit der Verbrechung, bei uns oder unseren Hofräthen weiter Bescheid zu erholen und allso allem, was hieroben einverleibt (= Inbegriffen) gehorsamst nachzukommen, hierinnen einige Personengunßt oder Freundschaft nicht anzusehen noch … (unleserlich). Zu tragen, sondern gegen männiglich gleiches Recht und Justiz zu gebrauchen und niemanden sonderlich diesen Fluchern und Schwörern nachsehen wissen werden, so lieb ihnen und jedem sein wird unc soll, die diesfalls verdiente Strafe und Ungnad zu vermeiden, fürnehmlich aber des gerechten Gottes als eines strengen Richters großen Zorn zu entgehen.
Damit sich aber künftig deswegen niemand einer Unwissenheit zu entschuldigen (hat) ist es Befehl und wird ferner dieses unser Mandat jetzo und hinführ jährlich und jedes Jahr besonders die (=am Tag) Invocavit, als dem ersten Sonntag in den Fasten von allen Rathäusern und Cantzeln, wie es jeden Ort von alters Herkommen ist, zu eines jeglichen Nachricht und Verwarnung öffentlich zu verkündigen und abzulesen, auch sei kund, daß sich daran zu halten (ist) und durch Verzögerung und Nachläßigkeit des Strafamts selbsten zum ernstlichen Einschreiten (?) nicht Ursach zu geben (ist).
Das zu denken (?) einem jedem zum besten gemeint, wollen Wir uns von Hochfürstlich Hoher Landes-Obrigkeit wegen, allso zu geschehen gänzlichst verlassen und seynd euch zu gnaden gewogen.
Datum Onolzbach der 9. Sept. 1697 (Korrektur von zweiter Hand: 17. Juli 1703) L. S. Georg Friedrich,
Markgraf zu Brandenburg “
Markgraf Georg Friedrich beruft sich in seinem Fluchmandat auf seinen Vater den Markgrafen Johann Friedrich, der ähnlich Anordnungen getroffen habe. So fällt unser Blick auf vier einander in der Regierung folgenden Fürsten, die alle diese fürsorgliche landesväterliche Pflicht erfüllt haben:
Johann Friedrich, regiert 1672–1686
Georg Friedrich (der jüngste) regiert 1694–1703
Wilhelm Friedrich, regiert 1703–1723
Carl Wilhelm Friedrich, regiert 1729–1757
Allen Vieren ist gemeinsam, daß sie sehr jung an die Regierung gekommen sind.
Johann Friedrichs Vater, Markgraf Albrecht V., war schon 1667 an den Pocken gestorben. Achtzehnjährig trat dann der Sohn die Regierung an. Seine Begabungen und Neigungen lagen mehr auf dem musischen Gebiet, schon mit 15 jähren galt er als guter Cembalospieler, dazu kamen die Geige und die Laute. In späteren Jahren hat er sich auch als Schriftsteller versucht. Im Gegensatz zu seinen Söhnen lag ihm wenig an Kriegsruhm. Er zog die Künstler an seinen Hof. Wie sein Vater starb er, 32-jährig - an den Pocken.
Ihm folgte in der Regierung sein zweiter Sohn aus der ersten Ehe, Georg Friedrich, nachdem der erste Sohn, Erbprinz Georg Albrecht schon auf der Cavalierstour einer Lungenentzündung erlegen war. Hervorstechend war seine Reiselust schon als Prinz und erst recht als regierender Fürst und seine Militärischen Ambitionen, die den kaiserlichen Generalfeldmarschall-Leutnant immer wieder seine Regierungsgeschäfte vergessen ließen, zum Leidwesen seiner Berater, die ihn von seinen kostspieligen Abenteuern nicht abhalten konnten. Sein militärisches Vorbild war der Prinz Eugen von Savoyen. Als General über die Reichskavallerie traf ihn 1703 bei Schmidmühlen die tödliche Musketenkugel.
Sein Nachfolger wurde sein (Halb-) Bruder Wilhelm Friedrich, Sohn aus der zweiten Ehe des Vaters. Bei dessen Tod war er noch nicht zehn Wochen alt. 17-jährig konnte er nach dem Tod des Bruders die Regierung übernehmen. Schon 1696 war seine Mutter gestorben, die nach unglücklicher zweiter Ehe zum Zweiten Male Witwe geworden war. Auch Wilhelm Friedrich hatte wie sein Bruder, militärische Interessen, die ihn an manchen Kriegszügen teilnehmen ließen, aber offenbar wenig Geschick zu den politischen Aufgaben eines Fürsten. Auch die große Reiselust zeigte sich bei ihm wieder. Erwähnung verdienst seine Gemahlin (und Cousine) Christiane Charlotte von Württemberg und die glückliche Ehe die er mit ihr führen konnte, in der Fürstenhäusern wo so oft die Staatsraison die Eheschließungen forderte, keine Selbstverständlichkeit. 1723 ist er gerade 37 Jahre alt geworden, in Unterreichenbach bei Schwabach einem Schlaganfall erlegen.
Sein Sohn Carl Wilhelm Friedrich war zu der Zeit gerade elf Jahre alt. Für den Unmündigen übernahm die Mutter die Regierung, bis er 17-jährig Markgraf wurde. Im gleichen Jahr starb die Mutter, wohl die bedeutenste unter den Ansbacher Fürstinnen.
Bei allen Zwiespältigen in seinem Leben (der „Wilde Markgraf“), erlebte die Markgrafschaft unter seiner Regierung wohl ihre Glanzzeit. Endlich einmal ein Herrscher der länger regieren konnte! Bei allen dunklen Punkten in seinem Leben, war der Fürst doch eine Kraftvolle Herrschergestalt, dem auch die Verantwortung für die Untertanen und ein praktischer frommer Sinn nicht abzusprechen war. Über 100 Kirchen und Pfarrhäuser sollen unter seiner Regierung erneuert oder entstanden sein. Die „Markgrafenkirchen“ in ihrem eigenen Stil als lutherische Predigt-Kirchen mit der Kanzel (und manchmal auch noch der Orgel) über dem Altar, sonst meist schlicht und ohne viel Schmuck, gelegentlich mehr Lehrsälen als Kultstätten ähnlich, zeugen von seiner nüchternen Verantwortung für das Heil seiner Untertanen, denen er oft ein unbequemer Herr war.
Allen Vieren ist weiterhin gemeinsam die Vorliebe für das Französische Vorbild Ludwigs XIV. Die drei erst genannten Markgrafen waren, trotz allen politischen und militärischen Streits, der sie von Frankreich trennen mußte, doch alle längere Zeit im Paris des Sonnenkönigs und Carl Wilhelm Friedrich machte 1728 Ludwig XV. seine Aufwartung. Versailles war das Vorbild auch für Bauten, die in dieser Zeit in Ansbach entstände sind.
Aus der Zeit da die beiden Markgräflichen Brüder in Frankreich waren gibt es von der Schwägerin des Sonnenkönigs, der für ihre offenen Worte berühmtberüchtigten Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans (der „Lieselotte von der Pfalz“) zwei Beurteilungen, die ich meine Lesern nicht vorenthalten möchte:
(Über Georg Friedrich): „Dieser Markgraf hat sich hier überall beliebt gemacht und eine große despence (Großzügigkeit, Verschwendung) getan. Es ist ein gar schöner Herr. Viel sind hinter ihm her geweßen und hätten ihn gern desbauchiren wollen, aber er hats recht artigt gemacht; er hat ihnen blat herauß gesagt, dies Laster wäre seine sache nicht und hätte einen solchen Abscheu davor, daß er nicht davon wolle reden hören, hat sich bei allen ehrlichen Leuten ein Lob dadurch zuwege gebracht.“
Brief vom 16.4.1699
Und in einem Brief vom 20. 8. 1705:
„Der verstorbene Markgraf war schön wie ein enckel (Engel) von Kopf bis zu Füßen; er hatte mehr Verstand als sein Herr Vater gehabt hatte, eben keine große vivacitet (Lebendigkeit. Gesprächigkeit); was er aber sagte war de bon sens (von gutem Verstand) und hatte mehr Verstand, als der jetzige Markgraff, sein Herr Bruder“.
Endlich sei auch erinnert an die Schwester der beiden markgräflichen Brüder, Prinzessin Charlotte Caroline die es durch ihre Heirat mit Kurprinz Georg August von Hannover (1705) dem späteren englischen König Georg II (1727) zur Königin von England gebracht hat.
Und der Schwager des „Wilden“ Markgrafen war kein Geringerer als der große Preußenkönig Friedrich II., dessen Schwester Friederike Louise der Markgraf zur Frau hatte.
Ansbach war zu der Zeit ein angesehenes Fürstentum. Daß man darin auch die scheinbar kleinen Dinge zum Wohl der Untertanen nicht vergaß, wollte dieser Aufsatz zeigen.
Die biographischen Notizen über die Markgrafen von Ansbach und die beiden Zitate verdanke ich wieder dem Werk: Günther Schuhmann, Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, Ansbach 1980.