Mehrfach hat im letzten Sommer das Fernsehen über die Feiern zum 150. Jahrestag der Gründung Frankenmuths berichtet. Vergessen wir darüber nicht, daß in den sechs Jahren nach 1845 drei weitere Frankenorte durch Wilhelm Lohe in der nächsten Umgebung von Frankenmuth gegründet werten sind: Frankentrost 1847, Frankenlust 1848 und Frankenhilf 1851.Während Frankenmuth inzwischen zur Stadt und zum Touristen-Zentrum geworden ist, haben die drei späteren Siedlungen ihren ländlichen Charakter bewahrt und sind auch kaum gewachsen.
Der folgende Bericht, etwa aus dem Jahr 1933 , stammt von der Witwe Barbara Hecht, geb. Helmreich, deren Eltern zu den Gründern von Frankenlust gehörten. Der Enkeltochter der Barbara Hecht, Frau Crazy Rodel aus Frankenmuth verdanken wir die Abschrift des Berichts ihrer Großmutter.
Für die Überlassung einer Kopie danke ich Familie Michael und Frieda Heckel aus Roßtal.
Ich will anfangen etwas zu schreiben von meinen Eltern. Mein vater hieß Johann Georg Helmreich und meine mutter Anna Barbara Hecht. Alle beide von Deudschland. Mein vater ist in Burkla (Bürglein) geboren, den 12 März, 1822, nahe bei Ansbach oder Nürnberg. Seine addresse war Bellingsdorf Nürnberg, Beiern, Kloster Heilbronn, die jetzige address ist Gottmansdorf, Reiterseig. Der mutter ihr heimathsord war obernbibert Ansbach Beiern. Sie wurde geboren den 24 Dec. 1822. Die mutter hat uns oft erzählt daß ihre eitern einen sehr schönen baurenhof gehabt haben, den vater seine eitern waren kleine baueren, hatten nicht so fiel land drum, hat auch sein jüngster bruder Steven sich in Gottmannsdorf angekauft, hat den alten platz in Bellingsdorf verkauft.
In 1848 sind vater und mutter nach America ausgewantert und kamen nach Frankenlust mit noch sieben anderen parren gans in walt hinein, da musten sie erst die beumen machen ehe sie was bauen konnten und hatten fiele entbehrungen. Sie sind den 4. Julie gegen abend nach Frankenlust gekommen. Blieben die erste nacht im freien über nacht, grade wo der Kirchhof jetz ist. Den anderen tag fingen sie ar ein blokhous zu bauen das sie doch ein dach über sich hätten. Aber das dach war noch nicht fertig bis es regnete. Da haben sie ihre regen schirme aufgesband und so die andere nacht zugebracht. Fenster und düren hatten sie auch nicht angebracht, ließen die blöke so weit von ein ander daß sie durchschlüffen konten. Das mußte es fürs erste thun, ehe der winter kam baute sich jeder ein wärmeres haus.
Von der reise über wasser haben sie auch oft erzählt. Sie warren auf einen Segelschiff, brauchten sieben wochen bis sie herüber kamen. Wen da wind stille war da ist das schiff stehen geblieben, sind nicht weiter gekommen. Und da ist es auch wieder recht stürmisch gewesen, daß sie alle seekranck wurden. Dan hatten sie nicht genug wasser. ist da recht gespart worden, und hatten doch immer so sehr saures fleisch gegeben.
Anmerkung: Th. Gräbner, (Church Beils in the Forest, a Story of Luther an Pioneer Work on the Michigan Frontier, Concordia Publishing House, Saint Louis, Miss. 1944 ,) bringt zwei Zitate über die Zustände auf den Auswandererschiffen: „Wie der Hund im Rinnstein! Kein Fenster, weder Bank noch Tisch, nur Kisten und Fässer mit Mehl, Heringen und anderer Nahrung. Durch die Abtrennung können wir den Spott, das Gejohle, die Gemeinheit und die schmutzigen Reden der anderen Passagiere hören. Ein schauerlicher Zeitvertreib! Wir aßen nicht am Tisch, sondern jeder nahm seinen Blechkessel, kletterte durch die Luke an Deck, standen in der Schlange bis zur Küche und dann stramm vor dem Koch, dessen kurze Hosen, Bauch und Hände von Fett glänzten. Dieser schmierige Bursche klatschte uns eine Portion Sauerkraut oder Bohnen oder Erbsen in unser Geschirr und legte darauf ein Stück unglaublich salziges Fleisch. Dann konntest du dich hinsetzen, wo immer du einen Platz fandest und stilltest deinen Hunger mit dieser ergötzlichen Speise.“
Ein anderer Auswanderer sprach von einem „gepökelten Gericht, das schmeckte wie vier Jahre altes gesalzenes Pferdefleisch“ (Gräbner a. a. O. S. 50, f).
Ihre eltern in Deudschland sorgten sich so sehr um ihnen. Einmal wurde ihnen gesagt daß das schiff mit allen unter gegangen ist. Da freuten sie sich das die endlich einmal nachricht von ihnen erhielten. Die mutter sachte zu uns, daß sie oft Sondtags gedacht hatte wen sie blos ein wenig daheim sein könnte und mit ihnen mittag essen. Sie wollte gar nicht mit zum tisch, sie wäre mit der oven bank zufrieden. Es hat eben überall gefehlt.
Die lindianer haben sie auch öfter besucht. Einmal kam einer mit seinen booth hergefahren. Das blokhous war ganz nahe an wasser. Die mutter war allein daheim. Das war den ersten summer. Da hat er angehalten. Er hatte in seinen booth enden (Enten) liegen. Da hat sie ihn ein geldstück gezeigt und eine ende aufgehoben. Dan hat er den köpf geschüttelt. Dan hat sie noch eins hin dazu, dann hat er ihr eine gegeben. Sie hatte sich gar nicht gefürchtet for ihm. In größter armut haben die leute angefangen zu farmern. sind auch immer mehr leute gekommen von Deudschland. Dan ist auch immer mehr geklärt (gerodet) worden.
Von allen anfang an ist pastor Ferdinand Sievers ihr pastor gewesen. Kam auch von Deudschland. Der hat freud und leid mit den Anfängern geteilt. Hat sich bald eine frau von Deudschland kommen lassen. Sein Schwiegervater Koch brachte sie herein nachdem ist es Kochville genend worden.
Anmerkung: Ferdinand Sievers, geb. 18.5.1816 in Lüneburg, nach dem frühen Tod des Vaters aufgewachsen bei seinem Onkel, Pfarrer Philipp Sievers; Studium in Göttingen, Berlin und Halle, dann Hauslehrer, endlich Hilfsprediger in Husum, Kr. Nienburg, kommt 1847 nach Michigan. 31.10.1848 Pfarrer in Frankenlust, dann größere Ämter und Ehrenämter in der Missouri-Synode. Gest. am 9.9.1893 in Frankenlust. Sievers Schwiegervater Friedrich Koch war Bergrat und ein begüteter Minen- und Fabrikbesitzer, der der jungen Gemeinde durch mancherlei Stiftungen geholfen hat. Der Name Kochville hat sich freilich nicht durchgesetzt. Aber eine Tochtergemeinde, zu deren Gründung Koch beigetragen hat, trägt den Namen des Geburtsortes seiner Frau, Amelith, (ca. 30 km südlich von Holzminden).
Den ersten Januar 1849 wurde mein elster bruder Jochann geboren. Nicht gans zwei jahre späder bruder Geog und dann nach etlichen Jahren bruder Conrad und dann Schwester Marie und bruder Paul und Michael. 1959 bin ich, Barbara, geboren den 6. Oct. Da hatte der vater ein neues haus gebaut, da war ich das erste drinnen. Nach mir ist noch bruder Fritz gekommen und dan noch Schwester Anna. Die war 4 jahr jünger als ich und dan noch Margareth, die war 8 jahr jünger als ich.
Da hat es viel leben im haus gegeben bis die kinder alle groß waren. Sind all farmer geworden, bis auf Michael. Der ist schuhllehrer geworden. Hat beinah 25 jahr in Bay City schuhle gehalten und dan in Milwaukee, und zuletzt in California. Dort ist er dan gestorben, war 70 jahr alt. Haben ihn hergebracht im sarg, ist in Bay City begraben worden.
Das erste, das von der familie gestorben ist war die Mutter. Die ist im sommer 1886 krank geworden und war krank bis zum elften November, da ist sie morgens gestorben im wiegestuhl ist sie eingeschlafen. Es war recht hart für uns allen. Sie war eine gute Mutter, sie hatte alles so gut verstanden und einzurichten gewußt. Den 24. November ist sie begraben worden. Die Kinder waren da beiriah alle forf von daheim, bis auf Fritz und Anna und Margareth.
Das erste was geheiratet hat, war Marie. Die hat einen Farmer Marc Lutz geheiratet. Das war 1883. Sie ist 1899 den 19. October gestorben, war 46 Jahr alt. Hinterließ 3 kinder, Jochann, Willi und Margareth.
In 1907 ersten April ist vater Helmreich gestorben. War 85 jahr alt. Bruder Georg ist den 31 Mai 1918 gestorben 68 jahr alt, hinterließ 3 kinder, Jochann Babet und Heinerich. Friedrich ist den 8. November 1914 an schlag gestorben, war 54 Jahr alt, hinterließ seine Frau, keine kinder. Conrad ist den 29 November 1921 gestorben nicht ganz 70 jahr alt, war nicht verheiratet. Paul ist den 20 Januaril916 gestorben, hinterließ 2 kinder, Arthur und Hedwig. Jochann Helmreich, mein elster bruder ist gestorben den 3. April 1927 an schlag, 78 jahr alt, hinterließ 5 kinder, Leonhard, Georg, Marie, Martha, Gusti. Seinen Sohn Leonhard seine 6 söhne trugen ihn wie er begraben wurde. Ja, so vergeht die zeit und die leute.
Ich kann mir alles denken von klein auf, und meine immer es war sehr schön bei uns daheim Wie ich sechs jahr alt war bin ich zur schuhle gekommen zum kantor Himler. Der ist selbiges frühjahr mit seiner frau von deudschland gekommen. War ein freundlicher man. Bin bei ihm in die schuhle gegangen bis ich confirmirt wurde. Das war den 6. April 1873.
Bin daheim gewesen bis 1883.Den 13. Juni da hab ich mich mit Georg Hecht von Frankenmuth verheiratet, und sind nach Richville (das frühere Frankenhilf gegründet 1851) auf eine Farm gezogen. Vater und mutter meinten wohl ich komme recht weit von daheim fort. Nun ist man selbiche zeit, auch nicht so schnell vom platz gekommen wie jetzt im Automobil mußte meistens zweimal Übernacht daheim bleiben bis wir über nacht wider heim kamen. Am härtesten war es, wenn jemand krank war, oder gestorben ist.
Ich war erst drei jahre droben wie die Mutter krank war und gestorben ist. Der George war da erst ein halbes jahr alt. Sind wir einmal dort gewesen wie der pastor Sievers auch dort war. Da meinte er nun ihr habt ja alle eure schätze bei euch. Er hat immer der mutter so schön vorgebetet. Seitdem weiß ich daß Lied 372 so schön ist und er hatte ihr so schön vorgebetet. Sie war nicht ganz 64 jahr, wie sie gestorben ist.
Die Schwester Anna hat einiche jahre später geheiradet den Adam Arnold von Kakalin. Der Fritz wieder einiche jahre später, Margareth Mittelberg von Hermansau. Die Red gings aufs dienen bis sie sich sehr spät verheiratete an einen wittman August Quintel, farmer in Monitor, hatte 8 Kinder. Haben im Mai geheirated und dan eine Hochzeitsreise nach Deudschland gemacht. Er hatte noch Verwände dort und sie haben sich die Plätze besucht wo Vater und Mutter her waren und haben sich manches angesehen. Sind in Bellingsdorf, wo der Vater hergewesen, und dann sind sie nach Gottmandorf wo den vater sein jüngster Bruder hingezogen war. Zwei kinder von ihm wohnen dort. Er war schon gestorben. Der Fritz wohnte auf der Farm und die Babi war verheirated an einen namens Wening, auch auf einen bauernhof und es hatte ein jedes eine familie. Wie da der Krieg war (1914/18) da sind vom Fritz zwei Söhne geblieben und von der Babi einer.
In Gottmannsdorf ist ein Glockenturm zu sehen der 1725 erbaut worden ist. Aber in 30 jahrchen krieg zerstört worden ist. Dan sind sie nach Bürkla und nach Heilbronn, besuchten die Klosterkirche, die ist 1132 erbaut worden, die hat jetzt noch 8 altäre. Früher hatte sie 28. Es ist da das Erbbegräbnis der Hohenzollern. Dann gingen sie nach Rüttern, Adam Arnolds Freundschaft und dan nach Obernbiebert. Die Kirche dort ist 1769 erbaut worden. Da ist gerade ein junger mann von der mutter Verwantschaft namens Schmidt begraben worden. Von dort gingen sie nach Schmalabill (Schmalnbühl, bei Obernbibert).Besuchten Adam Kloha. Sie ist eine Cosine zu uns. Da hatten sie immer zu laufen. Sind über Neustätten nach Rosenbach von dort bei bahn nach Ansbach. Dort sind prachtvolle Kirchen. Von dort per fuß Pfaffenkreit, besuchten Simon, cosin Ebner, cosin von uns. Von dort per wagen nach Reitersach , von dort mit Bahn nach Beireit (Bayreuth). Dort war das Zentrum Leinwand Industry, und das Wagner Theater. Von da aus nach München. Das rathaus dort ist eins der schönsten gebaute, auch die Bierbrauerei ist dort. In Nürnberg waren sie auch. Da gibt es viel zu sehen. Der gasthof zur Blauem Traube, und Germania Museum, und in Wittenberg, die schlosskirche. Ja, sie haben da viel gesehen. Jetzt sind sie auch zwei alte leute. Er ist 76 jahr und sie is 66. Die 8 kinder sind fort und versorgt. Zwei kinder haben sie noch bekommen die sind jetzt auch 25 und 26 jahr alt, noch daheim.
Der Vater hatte noch mehr Brüder, der älteste Conrad und der zweite Georg sind schon viel eher nach America als vater und mutter. Conrad ist nach Cincinati und Georg nach Missouri. Der ist ein großer Farmer. Conrad har einen metzgerladen etrieben. Wie er älter geworden ist er zum Georg nach Missouri, ist aber zuerst zu uns her auf besuch. Dan ist vater auch einmal hin nach Missouri und hat sie dort alle beide besucht. Das nächst stätchen war Bellingrill. Da hat ihn unkel Conrad das rathause gezeicht wo er oben an einen Fenster gestanden ist, und hat hinunter geschaut. Da hat einer nach ihm herauf geschossen. Hat ihm aber nicht getroffen, blos ein stik brik (Stück Bachstein) nebem dem Fenster wegeschossen. Beim unkel Georg habens alle seine pferde mittgenommen. Es war eben im Krieg, ich glaube mit den nördlichen und den südlichen (der Civil War, Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten, 1860 - 65) und er und sein Nachbar haben sich im walt verstecken müssen. Ihre frauen haben ihnen das essen im walt gebracht. Ihre schweine waren auch im walt. Da sinds hinaus haben ihre pigs gerufen. Dan sin ihre männer gekommen. Haben ihr essen bekommen. Sie mußten sehr vorsichtig sein eine Zeitlang. Sie haben ihnen immer nachgestellt.
Unkel Conrad ist nochmal hier gewesen. Da war ich noch nicht aus der schuhle. Ist von früjahr bis herbst geblieben. Unkel Georg ist ein par jahre später auch gekommen. Ist vier wochen geblieben. Das war ein schöner großer mann. Conrad war kleiner. Der hat solange daheim auf alles aufgepaßt. Es war nach der Ernte. Im früjahr war ihm seine frau gestorben. Kinder hatten sie nicht. Conrad hatte einen söhn, der hatte ein stör (Laden) in Bellingsville.
Von der mutter ihre geschwister sind auch balt welche nachgekommen. Zwei brüder und eine Schwester. Der eine bruder Paul ist krank geworden und balt gestorben, das war 1857, der andere bruder Georg Adam had sich eine mühle gebaut. Hat lumber (Holz) geschnitten und mehl gemacht. Ist ihm zweimal seine mühle abgebrand. Das war ein schöner großer mann. Er hatte eine große familie, lauter mädtgen, 7 stik. Ich habe schon lange keine mehr von ihnen gesehen.
Die Schwester hat sich an Herbolsheimer von Ameliet verheiratet, der ist verunklikt. Ist von einer load hols (Holzfuhre) herunter gefallen, ist balt daruf gestorben. Hinterließ 5 Kinder. Da ist der vater vormunt für sie geworden. Sie sin alle ordentlich und selbständig gworden und auch schon alle todt. Ach ja, so vergeht die zeit.
Jetzt schreibt man 1933. 1883 haben wir uns verheiratet. So lange bin ich hier oben, ich bin 73 jahr alt. Bin die letzten jahre viel krank gewesen mit reumatismus viel. Wir sind lange gesund und glüklich beieinander gewesen, bis Pa krank geworden ist, er war einiche jahre kränklich. Hat immer gedoktert, er er war blutarm. Da haben ihn die dokern blut in seine ädern, ein ganzes kwart von unsern zweiten söhn Jochann. Hat ihn ein ganzes jahr sehr gut gedan. Er ist ganz aufgelebt aber es hat eben nicht angehalten. Die doktor probiertens das zweite mal mit blut nein thun, von Jochann aber hat nicht mehr geholfen. Er ist immer elender geworden, bis er den 11. Mai 1926 nachmittag gestorben ist. Die Mari ist gekommen mittag. Hat sich umgeschaut. Der Adolf war auch da. Sind immer alle tag gekomen. All die kinder. Die Mari wollte dan so um 4 uhr heim, da wurde er unruicher. Die Mari hat dann den dokter televoniert, der ist gleig gekommen und auch die boys. Die sind auch gleig gekommen. Und so ist 10 minuten nach 5 uhr gestorben. Es haben ihn sehr viele leute besucht wären seiner krankheit. Er sagte zu uns wir sollen fleißig beten, das wir uns im Himmel wider sehen. Den 14. Mai ist er dan begraben worden. Es war eine sehr große leige. Ja, das ist jetzt schon sieben jahre her. Er war 68 jahr alt, wir sind 43 jahr mit einer gewesen , hattet 4 kinder, ist ein jedes auf einer farm.
Mari ist das elste. Sie heiratete Hermann Rodammer, haben zwei buben, Reinhold und Rudolph, ein mädhen Arlene. Der Georg heiratete (Babit) Bauer. Sie haben zwei mädhen und einen boy. Der Jochann hat sich eine frau von Frankenlust geholt, Matilda Schmidt, ein Enkelkind von meiner pathin frau B. Schmidt. Sie haben drei mädhen und einen boy. Adolph holte sich Hulda Schmidt Matildas Schwester. Sie haben zwei boys und zwei mädhen. Sie sind auf der alten farm und die anderen all in der nähe herum. Wir wohnten die letzten sieben jahre in einen haus in Richville, bis pa starb, der zeit bin ich bei Adolf auf den alten platz. Das haus habe ich aber auch noch und einen garten dabei, da hat heite den 1. Juni 1933 der Adolph bohnen hinein gesäht.
Von meinen geschwistern lebt blos die Anna und die Red. Der Anna ihre tochter Martha ist in Colorado verheiratet an Bernhard Höhrlein, da ist die Anna einmal hin auf besuch. Da hat ihr das clima so gut getan, das sie gar nichts spürde von ihren reumatismus. So sind sie seid ein paar jahren alle beide dort. Haben sich ihr heim dort gemacht und fühlen gut, er ist schon 70 jahr und sie wirds balt. In Salzburch wohnen ihre drei buben.
Den pa seine Eltern sind auch von deuschland eingewandert. Seine Großeltern sind auch mit herein. Sein großvater starb ie er 76 jahr alt war. Pa hatte uns erzählt das er so schnell gestorben ist. Er war ein wenich schwach. Er und sein Bruder haben ihn hinaus geführt und wider herein geführt, da hat er sich neben der thür auf einen stuhl gesetzt. Da ist er gleich gestorben. Den pa sein vater hieß Leonhart. War ein großer mann. Der kaufte sich in Frankenmuth an und klärte sich da eine farm mit mühe und arbeit, hat auch manchen Hirsch geschossen.
In pa seine mutter hieß Kristiana Keinath. Sie kam mit ihren Eltern von Deuschland, von Schwaben, Sein Vater kam von beiern, sie waren 8 kinder, 3 mädhen und 5 buben. Pa war der älteste, er wurde Januar den 24, 1858 geboren, sein path war Georg Keinath, sein unkel. Er ist in Frankenmuth zu schuhle gegangen und confirmirt worden und half seinen vater die Farm arbeiten. Später kauften sie noch land in Richville. eine 80 aker farm, da wo wir waren und dan späder noch mehr, das die buben farms bekommen. So wie die kinder älter wurden ist auch eins ums andere fort, ist die familie kleiner geworden.
Wie ich sie kennen lernte waren sie noch alle daheim. Ich hatte Frankenmuth noch nicht gesehen. Da sachte ich einmal zu unsern nachbar mädchen Margareth Neumeier, ich möchte doch auch einmal nach Frankenmuth. Da sagte sie, da gehen wir die nächst Kirchweih hinauf, da geht ihr mit uns zu die Hecht und die Keinath, und wir wollten doch zu die Ortner, die kannten wir. Wie die Kirchweih kam, sind wir früh schon bald fort gefahren mit unserer dreisitzigen bugge. Fritz war der fuhrmann und Paul und Anna und ich und margaretha Neumeir und ihr bruder Georg sind noch richtig zur kirch kommen. Nach der kirche sind die Hecht und die Keinath draußen gewesen und sagten wir sollten mit ihnen kommen. Die Ortner wollten uns auch haben da sind wir erst den ändert tag hingekommen. Wie wir zu die Hecht hinkamen ist er drinnen gesessen und hat pfeifen geraucht, und sein söhn Georg neben ihn und that dasselbige. Sie haben uns freundlich bewilkomt und dan gings ans mittagessen Es gab klösle suppe, sehr gut alles. Nach dem essen haben sie uns herum gefahren und land und leute gezeicht, haben uns auch zu ihren großeitern Keinath gebracht, das warren zwei alte freundliche leute. Den anderen tag gingen wir dann zu die Ortner, und von dort wider heim. Ein baar monate später war in Frankenlust kirchweih, dan sind Hecht und Keinath zu uns auf die kirchweih gekommen, das war schön und so ist man öfter hin und her gekommen. Ist man besser mit die leute bekannt geworden und so ist es im frühjahr 1883 zu zwei hochzeiten gekommen.
Ich hatte mit Georg den 13. Juni hochzeit zu Frankenlust und mein bruder Paul mit der ältesten tochter Barbara den 27. Juni zu Frankenmuth. Wir sind dan den 15. Juni raufgezogen (nach Richville/Frankenhilf). Da war es so heiß, die mutter ist auch mit rauf, die hatte blasen auf die baken bekommen von der hitze. Den ändern tag ist dan so ein arges gewitter gekommen, ein ganzer wolkenbruch, war alles unter wasser, und hat dan beinah alle tage geregnet.An Paul seiner hochzeit hat es den ganzen nachmittag und nacht g eregnet, noch den ander tag. Wir haben keine kartoffel und körn selbiges jahr bekommen ist alles ersoffen. Wir haben weizen und hafer bekommen und auch heuh, hatten zwei kühe, die hatt ich von daheim mit rauf und der Pa hatte zwei pferde und hatte auch noch land zum aufputzen und verbrennen. Auch ging die eisenbahn mitten durchs land, das hat uns gar nicht gefallen. Das war mit dem fieh hinüber dreiben nicht schön, es war ein gutes land. Wir haben gut gebaut die kommenten jahre.
den pa sein vater war nicht recht gesund, er war bein mehreren doktern aber das wurde schlimmer mit ihm und so ist er schon den ersten herbst, wie ich droben war, gestorben. Er fühlte sein ente nahen und da hat er hergeschikt und hat uns kommen lassen, und ist noch selbet abend gestorben, den 21. November 1883. Da war dann die mutter allein mit die Kinder und die fielen arbeiten. Der Ernst und der Johannes war hier auf einer 160 aker farm, (l acre = 0,4 ha), und daheim hatten sie auch so etwas, nun ging es auch wieder, der vater fehlte freilich überall. Die Lissi hat den zweien hier oben haus gehalten. Bis sie nach ein baar jahren geheiratet haben. Die Lissi hat auch geheiratet, den Jochann Heiniein von hier. Die jüngst, Babet hat dan später den jochann Geier geheiratet, und Conrad und Jakob haben auch geheiratet. Der Conrad ist auf die alte farm und hat ein Geier mädchen geheiratet und Jakob hat sich hier angekauft, aber das war alles nachdem die mutter gestorben war.
Sie war immer eine gesunde, arbeitsame frau, aber sie ist im summer 1895 krank geworden, konnte kein dokter helfen. Im herbst ist sie dann gestorben. Hatte eine langwieriche krankheit, leber und alles war angegriffen.
Wie wir einige jahre verheiratet waren, haben wir 20 aker land gekauft von John Bernthal. Es waren vierzig aker, was er hatte, die anderen 20 hat nachbar Weber gekauft und so hatten wir wieder mehr arbeit, da die scheune zu klein wurde mußten wir dranbauen. Daß haben wir im frühjahr 1888 gethan, da hatten wir auch genug arbeit. Wir hatten da drei kleine kinder. Mari war das älteste, dan der Georg und dan der Jochann. Jochann war ein halbes jahr alt. Die kommenten jahre haben wir immer gut gebaut. Sehr schönen weitzen. dan haben wir farm verhandelt (verkauft oder getauscht?) mit einem Englischen, nahmens Mc Lellan. Haben viel mehr land bekommen und auch einen schönen busch. Da mußten wir keine angst mehr austehen wegen fieh dreiben. Wir waren nicht lange hier, dan mußte man wieder ans scheunen bauen denken, 1893 haben wir dan eine scheune gebaut, ein paar jahre späder die alte ausgefixt.
Gebaut haben wir immer sehr gut, hatten immer gute ernte. 1898 da war die beste ernte. Da ist alles gut geworden, bekommen beinah 1000 bu weitzen, 3000 bu haver, 36 bu kleesamen und gerste weiß ich noch nicht mehr (1 bu, bushel = „Scheffel“ = 36,34 Liter).
Da war auch in Frankenlust das 50 jahre jubileum in 4 Juli da sind wir auch hinunter, habens mitfeiern helfen, aber von die alten hat blos mein Vater und noch ein man und eine frau gelebt. Ja das war ein schöner tag. Wo ich noch immer dran denk trotz aller arbeit die wir hatten, wo wir nachts 11 uhr heinkamen mußten wir erst die kühe melken und die arbeit thun, denn mit die pferde ging das heimfahren nicht so schnell. Den anderen tag haben wir tüchtig heu gemacht. Eine ganze wiese war niedergemäht; denn der weitzen war reif, 28 aker waren es, und er war schön und die kinder waren noch jung. Maria und georg waren aus der schuhle, Jochann war 11 jahre alt und Adolph 4, hat aber jedes geholfen, was es konnte.
In der Haver ernte ist einmal ein rechtes Gewitter gekommen. Da hatten wir in die 20 aker den haver, da hat es so arg gekieselt, das man lange die marks (Spuren) sehen konnte an die gebaute. Ich machte das scheunenthor zu, da ein kiessel auf mich gefallen, als wen man mich mit äpfel werfe. Da hat ich so angst um Adolph gehabt bis ich das scheinenthor zubrachte, dachte immer er könnte rausgehen, den er war noch klein.
Mein Vater hat uns efters besucht und auch den pa seine mutter, das war jedesmal eine freude für die kinder, und für uns. Die andern 20 aker, wo Weber gekauft hatte hat er uns später angeboten. Wir haben sie auch den gekauft. Da gabs immer noch mehr arbeit.
Hier endet der anschauliche Bericht über die Anfänge in Frankenlust. Wir sollen gewiß nicht mit dem Rotstift in der Hand nach orthographischen und grammatikalischen Fehlern suchen oder die Interpunktion verbessern wollen. Wir sollten uns vielmehr freuen, wie sich das fränkische über bald 100 Jahre in der kleinen fränkischen Welt im Saginaw County in Michigan hier erhalten hat. Nur wenige Anglizismen haben sich eingeschlichen. Dazu gehört auch die fast durchgehend durchgehaltene Kleinschreibung der Substantive, nur der Satzanfang und ein Eigenname werden eines Großbuchstabens gewürdigt - und die Trennung der zusammengesetzten Hauptwörter. Und man lerne: Im Fränkischen gibt es keinen Genitiv: Da haben nicht die Söhne seines Sohnes Georg den Sarg getragen, sondern seinen Georg seine sechs Söhne.
Der Ortsteil Neuses unserer Marktgemeinde Roßtal feiert im Juli 1996 seine erste Erwähnung, die vor 750 Jahren mit einer Urkunde im Jahre 1246 geschah.
In diesem Schriftstück ist festgehalten, daß der Burggraf von Nürnberg, Konrad I. dem Kloster Heilsbronn Teile seines Besitzes im Orte „Nivseze“, im „neuen Sitz“ oder, wie sich der Ortsname sprachlich weiter entwickelte, in Neuses verkaufte. Der Ort ist sicher wesentlich älter, und Roland Kühn hat anläßlich des 110. Jubiläums der Freiwilligen Feuerwehr Neuses-Stöckach im Juni 1993 in einer Festschrift die Geschichte des Ortes beschrieben. Im Archiv der Evang.-Luth. Pfarrei Roßtal sind, da im 30jährigen Krieg viele Unterlagen verloren gingen, nur einige Anmerkungen erhalten, die das bisher auf gezeigte geschichtliche Bild dieses Ortsteiles noch erweitern könnten. Einem der letzten katholischen Pfarrer vor der Reformation, Johann Neff, der in Roßtal von 1469 an wirkte, am 4. November 1512 starb und in der Laurentiuskirche seine letzte Ruhestätte fand, verdanken wir einige Hinweise. Er fertigte im Jahre 1482 eine Aufstellung über den Zehnt der Pfarrei Roßtal und nennt unter den 17 in seinem Verzeichnis aufgeführten Ortschaften, es waren bis zur Reformation allerdings 34, auch die Zehntpflichtigen des Ortes Neuses. (Das Verzeichnis wurde Jahre später ergänzt und nach der Reformation von den nachfolgenden Pfarrern weitergeführt.) Unter der Jahreszahl 1482 und dem Orte Neuses vermerkte der genannte Pfarrer: „Daselbst hat der Pfarrer den kleinen Zehnt und wird gemeindlich zu gemeinen Jahren um 4 Simra verliehen.“ (Simra war ein Hohlmaß für die Körnerfrüchte, unterschiedlich z. B. für Korn 316 Liter und für Hafer 592 Liter fassend.) Er fährt in seiner Aufzeichnung fort und nennt dabei einige Namen von Neuseser Bauern: „Deß Lebenders und Eberleins Häußer geben dem Vicario (Ortspfarrer) den Haus-Zehenden. Eberlein hat ein Tagwerk Wiesen neben seinem Hof von derselben gibt er dem Vicario den Heu-Zehenden. Er hat auch eine Wiesen anderhalb Tagwerk bei der Ammerndorfer Brücken, gibt auch dem Vicario den Heu-Zehenden. Item Lebender hat auch eine Wiesen neben der obengenannten, gibt auch dem Vicario den Heu-Zehenden. Desgleichen Hans Siebentritt hat auch ein Tagwerk Wiesen hinter der Flühl, gibt auch dem Vicario den Heu-Zehenden“. In einem Vermerk über einen Streitfall aus dem Jahre 1547, der wegen eines Gotteshauslehens entstand und in Nürnberg beigelegt wurde, wird unter den Heiligenpfleger ein Veit Reuther von Neuses genannt. Eine Notiz, ohne Angabe einer Jahreszahl, wohl aber erst nach dem 30jährigen Krieg gefertigt, benennt einen Hans Burck aus Clarsbach, der „...ein Morgen Feld im Neuseser Feld hat, das an Six Streit, an den Graben daran die Kießer stoßen und Georg Castner, der Müller zu Neuses und an die Landstraßen nach Nürnberg; das sei ein Zehnt der Leonrod“. Der Zehnt, eine Ernte- und Ertragssteuer in Höhe von 10 % des Bruttoernteertrages, den die Bauern im Mittelalter und weit in die Neuzeit reichend zu leisten hatten, stammt etwa aus dem 8. Jahrhundert und sollte ursprünglich die Besoldung des Pfarrers sicherstellen. Erst später wurde unterschieden nach einem „großen Zehnt“, nach einem „kleinen Zehnt“ und nach einem „lebendigen oder blutigen oder Haus-Zehnt“. Der große Zehnt umfaßte die Abgabe von Korn, Weizen, Hafer und Gerste, der kleine Zehnt die Abgaben von Erbsen, Linsen, Wicken, Buchweizen, Hirse, Kraut, Rüben, Zwiebeln, Flachs, Hanf, Stroh und Heu und der blutige Zehnt war meist die Abgabe einer Summe Geldes für die Tiere, die auf dem Hof gehalten wurden. Dem Ortspfarrer oder Vicario, wie im Zehntregister des Johann Neff genannt, verblieb meist nur der Kleine Zehnt und der Haus- oder blutige Zehnt, während der große Zehnt z. B. durch Verpfändung an Personen außerhalb der Kirche gelangen konnte, die dann allerdings auch die Baulasten an den Kirchengebäuden tragen mußten. So heißt es auch in einer „Ämterbeschreibung“ von 1710 über Neuses: „Die Untertanen sind nach Roßtal gepfarrt und geben den Zehnten dem Herrn von Leonrod“. In der Zeit während des 30jährigen Krieges und in den unruhigen Jahren danach sind eine Reihe von Grundstücken aus dem „Heiligengut“ der Pfarrei in andere Hände übergegangen. Diejenigen, die die Felder und Wiesen bearbeitet hatten, waren verstorben oder in den Kriegswirren umgekommen, die Dörfer entvölkert und die Überlebenden übernahmen die Grundstücke und nicht wenige davon wurden später im Erbgang aufgeteilt und vergeben. Wie aus den Eintragungen nach den Jahren des 30jährigen Krieges ersichtlich, hat die markgräfliche Verwaltung den Zehnt mehrfach an sich gezogen und die ehemaligen Besitzer, z. B. die Pfarrei, mußte sich der Macht beugen. Eine Wiederherstellung des Pfarreigentums war offensichtlich auch noch lange nach dem Ende des Krieges, der im Unglücksjahr 1632 in der Pfarrei Roßtal 632 Menschen das Leben kostete, ein vergebliches Bemühen der Pfarrer. Pfarrer Johann Heinrich Schülin, Pfarrer in Roßtal von 1731–1734, schreibt am 7. November 1731: „...während des 30jährigen Krieges ist unstreitig vieles verlorengegangen und kann nicht mehr ausgemittelt werden.“ Ein bayerisches Gesetz vom 4. Juni 1848 hob den Zehnt auf. Er wurde in einem Bodenzins umgewandelt, der in Geld zu zahlen war. Die Grundabgaben konnten teilweise durch Barzahlung des achtzehnfachen Jahresbetrages abgelöst werden, wobei der Staat mit der Herausgabe von Schuldbriefen von 4 % diese Ablösung erleichterte. Mit diesem Gesetz wurde auch die Standes- und Gutsherrschaftliche Gerichts- und Polizeigewalt zugunsten des Staates aufgehoben.
Werner Sprung: „Zehnten und Zehntrechte um Nürnberg“, Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, 55. Band 1967–68 |
Dietmar Stutzer: „Geschichte des Bauernstandes in Bayern“, Süddeutscher Verlag, München 1988 |
„Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre“. Mit diesen Worten beginnt im Buche Genesis (1 Mos. 1, 14) der Schöpfungsbericht des vierten Tages. Diese „Lichter“: Sonne, Mond und Sterne, unverrückbare Zeichen am Firmament, waren schon bei frühen Kulturen Festpunkte für die Bemessung von Tages-, Jahres und Festzeiten.
Über die Regelmäßigkeit des Wechsels der Jahreszeiten hat sich der Mensch nach seinem Wandel vom Jäger und Sammler zum seßhaften Ackerbauern Gedanken machen müssen, hing ja von der rechtzeitigen Bestellung des Bodens, von der Aussaat und Ernte seine Existenz ab.
Es waren deshalb sehr wahrscheinlich mit dem Wachsen und Werden der Feldfrüchte zusammenhängende kultische, in bestimmten Zeitabschnitten wiederkehrende Feste, die letztlich schon frühe Kulturen veranlaßten, den Gang der Gestirne zu beobachten.
Da die sich verändernde Gestalt des Mondes auch ohne astronomische Kenntnisse von jedermann leicht feststellbar war, lag es nahe, den Ablauf des Jahres nach den zwölf Umläufen des Mondes um die Erde zu bemessen.
Die Ungenauigkeit zum Laufe der Sonne durch das Jahr, das Mondjahr dauert nur 354 Tage, während das Sonnenjahr 365 Tage rechnet, erkannten allerdings schon früh Ägypter und Griechen, um nur diese alten Kulturen zu nennen, und bemühten sich ihrerseits um eine exaktere Zeitbestimmung.
Wenn uns am Ende eines Jahres, meist in Form von Werbegeschenken, Kalender zugedacht werden, dann wird kaum jemand an die Leistungen der frühen Astronomen denken, die sich, in erstaunenswerter Weise, damit befaßten eine möglichst genaue Berechnnung des Erdumlaufes um die Sonne zu erreichen.
Für unseren Kulturkreis sei kurz bemerkt, daß Julius Cäsar (100–44 v. Chr.), auf Vorschlag des ägyptischen Astronomen Sosigenes, im Jahre 44 v. Chr. den sogenannten „Julianischen“ Kalender mit einem Sonnenjahr von 365 1/2 Tagen einführte, mit der Korrektur eines Schalttages alle vier Jahre.
Der Kalender Cäsars galt, trotz seiner astronomischen Ungenauigkeiten, das Jahr war um 11 Minuten 14 Sekunden zu lange, bis zum Jahre 1582. L 1)
Die schon genannte Unstimmigkeit des „Julianischen Kalenders“ war schon im Jahre 1436 auf dem Konzil zu Basel Gegenstand einer Diskussion und der deutsche Kardinal Nikolaus Cusanus (1401–1464), der nicht nur ein bedeutender Theologe, sondern ebenso bekannt als Mathematiker und Astronom war, beantragte eine Reform des Kalenders. Sein Vorschlag ging dahin, daß der 24. Mai 1439, damals der Pfingstsonntag, der letzte Tag des Monats sein sollte. Fortfahrend mit Pfingstmontag, als den 1. Juni, hätte die Unstimmigkeit des Kalenders ausgeglichen werden können. L 2) L 3)
Die Kirche, die später die Erkenntnisse eines Galilei (1566–1642) nicht akzeptierte, ja verdammte, war andererseits bahnbrechend auf diesem Gebiet der modernen Astronomie.
Es vergingen allerdings noch fast 150 Jahre, bis unter Papst Gregor XIII. die Vorschläge einer Kommission von Theologen, Rechtsgelehrten und Naturwissenschaftlern unterbreitet wurden, unter denen auch der in Bamberg geborene Christoph Clavius (1538–1612) war, eine Berühmtheit unter den Mathematikern und Astronomen seiner Zeit. (Nach manchen Quellen scheint die endgültige Fassung der Kalenderreform sein Werk zu sein.) L 4)
Am 24. Februar 1582 erließ Papst Gregor XIII. die Anweisung, daß der alte Kalender abgeschafft und der neue, der „Gregorianische“ zur „Richtschnur der Christenheit von allen Geistlichen gehalten werden solle“.
Zur Anpassung an den bis dahin gültigen „Julianischen“ Kalender waren die Tage vom 5.–14. Oktober 1582 zu streichen. Als weitere Korrektur war bei den durch vier teilbaren Jahreszahlen ein Schalttag, dagegen bei den durch vierhundert nicht teilbaren Jahreszahlen kein Schalttag einzuschieben. L 1.1)
(Auch bei dieser Neuberechnung des Kalenders blieb man bei der Festlegung des christlichen Osterfestes in Anlehnung an das jüdische Passah-Fest einer Zeitbestimmung treu, die von den Mondphasen bestimmt wird.
Das so „bewegliche“ Osterfest richtet sich auch heute noch nach dem Erscheinen des Frühlingsvollmondes. Da dieses Ereignis frühestens am 21. März und spätestens am 18. April eintreten kann und der darauffolgende Sonntag jeweils als Festtag gilt, kann Ostern frühestens auf den 22. März und spätestens auf den 25. April fallen.)
Die Einführung des neuen Kalenders stieß, trotz seiner Genauigkeit, jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten, denn durch die mit der Verbreitung der Reformation rund 60 Jahre vorher in Deutschland, in der Schweiz sowie in den nordischen Ländern eingetretene Trennung von Rom, war man in den nichtkatholischen Ländern nicht geneigt, diese Kalenderreform zu übernehmen. Das galt ebenso für die slawischen Länder mit griechisch-orthodoxer Glaubensrichtung, die ebenfalls am „Julianischen Kalender“ festhielten.
Die evangelischen Reichstände in Deutschland lehnten schon wegen der päpstlichen Urheberschaft die Reform ab, wobei in diesem Kreis die Meinung darüber nicht einheitlich war. Einige hätten dem neuen Kalender zugestimmt, wenn dieser unter dem Namen des Kaisers eingeführt worden wäre. L 5)
Die Ablehnung blieb auch, obwohl Astronomen wie Tycho Brahe (1546–1601) und Johann Kepler (1571–1630) die Annahme der Reform dringend empfahlen.
Der Streit um die Kalenderreform nahm immer größere Ausmaße an. Namhafte Theologen u. anderen auch Lukas Osiander (1534–1604), ein Sohn des in Nürnberg an St. Lorenz wirkenden Predigers Andreas Osiander, glaubten, unter Berufung auf die Offenbarungen des Johannes, Zeichen für ein nahendes Weltende erkannt zu haben. In Veröffentlichungen warnten sie eindringlich davor, diesen von Rom ausgehenden Kalender anzunehmen. Darüberhinaus wurden Berichte über geheimnisvolle Himmelserscheinungen verbreitet, die je nach Herausgeber, für oder gegen die Kalenderreform gedeutet wurden. L 5.1)
Auch das Konsistorium des Fürstentums Ansbach verwarf den neuen Kalender: „... schon deshalb, weil aus Gottes Wort und anderen Zeugnissen bewußt sei, daß der jüngste Tag nahe vor der Tür stehe, an welchem diese gegenwärtige Welt mit aller Jahresrechnung ein Ende nehmen würde“. L 6)
Die Bevölkerung war verunsichert und Weihnachten 1582 kam es in Frankfurt zu handgreiflichen Auseindersetzungen zwischen konfessionsverschiedenen Gruppen wegen der zeitverschiedenen Feier des Weihnachtsfestes. L 5.1)
Es nützte wenig, daß etwas später Kaiser Rudolf II. in eigenem Namen die Annahme des Kalenders verfügte; das Reich blieb, wie in der Konfession, so auch in der Frage des Kalenders gespalten. So kam es, daß die Feiertage je nach Konfession zeitunterschiedlich gefeiert wurden; zwischen dem alten und dem neuen Kalender betrug der Zeitunterschied für das bewegliche Osterfest des Jahres 1584, dessen Festlegung eigentlich mit der Hauptgrund für eine Kalenderreform war, vier Wochen. L 5.2)
Bezogen auf unsere engere Heimat entstand das Kuriosum, daß die bischöflichkatholischen Territorien Bamberg, Eichstätt und Würzburg den „Gregorianischen“ und die Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth den „Julianischen Kalender“ mit einer Abweichung von über 10 Tagen führten. L 7)
In der Zeit der Gegenreformation wurde, unter Zwang, der Kalenderwechsel vorgenommen, so in Kaufbeuren, wo 1602/1604 der Kaiser und der bayerische Herzog den neuen Kalender einführten. L 8)
Letztlich gaben nicht nur die unterschiedlich gefeierten christlichen Festtage, sondern sicher auch Geschäfts- und Vertragsabschlüsse den Ausschlag, daß, 118 Jahre später, die Herrschaftsbereiche mit evangelischer Konfession im Deutschen Reich, in Dänemark und in der Schweiz im Jahre 1700 den neuen Kalender übernahmen. (Beiläufig bemerkt geschah dies in England erst 1755, Schweden folgte 1753 und erst im Jahre 1811 entschloß sich der Kanton Graubünden in der Schweiz zu diesem Schritt.) L 1.2)
Lenin führte in Rußland am 1. Januar 1918 den Gregorianischen Kalender ein und 1923 folgte Griechenland, im Jahre 1924 auch die griechisch-orthodoxe Kirche und seit 1949 gilt dieser Kalender auch in der Volksrepublik China.
Im Archiv der Evang.-Luth. Pfarrei St. Laurentius ist die markgräfliche Verordnung vom 19. November 1699 noch erhalten, mit der der neue Kalender, man vermied verständlicherweise die Bezeichnung „Gregorianischer Kalender“, eingeführt wurde. Q 1) (Siehe Abbildung)
Am letzten Sonntag vor dem Advent 1699 musste der markgräfliche Befehl von der Kanzel der St.-Laurentius-Kirche hier, wie in allen Pfarreien der Markgrafschaft, „öffentlich abgelesen und also jedermänniglich kundgemacht werden.“
Die Anordnung betonte weiter, daß durch diese Anpassung „...an den wahren Lauff der Sonnen und des Mondes, vor das künfftige alle Confusion vermeidet werden möge.“
Um dem verbessserten Kalender zu entsprechen, erfolgte in der genannten Verordnung der Hinweis, daß die nach dem 18. Februar 1700 folgenden 11 Tage ausgelassen werden sollen. Da aber in diese aufzulassende Zeitspanne am 24. Februar das „Fest des Apostels Matthiä“ gefallen wäre, wurde dieses für das Jahr 1700 auf den 18. Februar vorverlegt.
Interessanterweise finden sich in den Tauf, Trau- und Sterbematrikeln keinerlei Hinweise auf die „aufgelassenen“ Tage vom 18. Februar bis zum 1. März 1700.
Der damalige 1. Pfarrer Ernst Georg Schülin (1697–1731) sowie der Diakon, wie der Geistliche auf der 2. Pfarrstelle bezeichnet wurde, Johannes Strebel (1698–1702), widmeten in den genannten Büchern diesem Ereignis keine Zeile. Die Matrikel-Bücher, die damals offenbar der Diakon führte, zeigen Eintragungen, die mit dem 18. Februar enden und, wie befohlen, erst am 2. März 1700 fortgeführt wurden.
L 1 | Herder Konversationslexikon, Freiburg, 1905 |
L 1.1 | ebenda |
L 1.2 | ebenda |
L 2 | Hubert Stadler: „Päpste und Konzilien“, Hermes-Handlexikon |
L 3 | E. Musmacher: „Kurze Biographie berühmter Physiker“ Herder Verlag, Freiburg, 1902, S. 20 |
L 4 | Will Durant: „Kulturgeschichte der Menschheit“, Band XXII, S. 282 Editions Rencontre, Lausanne |
L 5 | Johannes Janssen/Ludwig Pastor: „Geschichte des Deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters“, Band 5, S. 379–392, Herder'sche Verlagsbuchhandlung Freiburg, 1902 |
L 5.1 | ebenda |
L 6 | Lang: „Neuere Geschichte des Fürstentums Bayreuth“, S. 378/379 ohne Verlagsangabe und Erscheinungsjahr |
L 7 | Elisabeth Roth: „Oberfranken in der Neuzeit bis zum Ende des alten Reiches“, Oberfrankenstiftung Bayreuth 1984 |
L 8 | Hausberger/Hubensteiner: „Bayerische Kirchengeschichte“, S. 218, Süddeutscher Verlag GmbH, München 1987 |
Archiv der Evang.- Luth. Kirche St. Laurentius, Roßtal:
Q 1 | Akte Nr. 29 |